Buchtage Berlin: Finanzbericht / Bericht aus den Wirtschaftsbetrieben

Was das Herz eines Schwaben erfreut

19. Juni 2019
von Börsenblatt
Die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen sinken weiter - aber bei den Wirtschaftsbetrieben stehen die Zeichen auf Wachstum: Schatzmeister Matthias Heinrich und Siegmar Mosdorf, Aufsichtsratsvorsitzender der Börsenvereinsholding BBG, legten bei der Hauptversammlung in Berlin die Zahlen offen.

"Die Arbeit hat mir nicht nur Mörderspaß gemacht, sondern hat meinen Horizont erweitert": So stieg Schatzmeister Matthias Heinrich (Brockhaus Commission) nach sechs Jahren Amtszeit in seinen letzten Finanzbericht ein. Bei den Zahlen, die er präsentierte, lagen Licht und Schatten dicht beieinander.

Mit "Sahneschnitte": Der Jahresabschluss 2018

Im vergangenen Jahr hat der Verband unter dem Strich 144 Mitglieder verloren, Ende 2018 gehörten dem Verband noch gut 4.500 Unternehmen an. Die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen rutschten zum ersten Mal unter die 5-Millionen-Marke, auf 4,94 Millionen Euro. Nicht zuletzt dank außerordentlicher Erträge (etwa aus der jährliche Tilgung Haus des Buches, Leipzig) konnte der Börsenverein das vergangene Jahr mit einem Überschuss von 59.000 Euro abschließen.

Ausgewiesen wird allerdings ein Überschuss von 321.000 Euro – weil die Börsenvereinsholding BBG bereits Sonderausschüttungen für Buchmarketing und Preisbindungsstudie geleistet hat, die bislang noch nicht in voller Höhe zum Einsatz gekommen sind: "Allein für das Buchmarketing haben wir noch 213.000 Euro im Topf", so Heinrich.

Die Liquidität der Börsenvereinsgruppe lag 2018 bei 16,1 Millionen Euro. Auch auf die Darlehenssituation ging Heinrich kurz ein: Nur ein externer Kredit über 2,1 Millionen Euro steht aus, den der Börsenverein für den Bau des Haus des Buches in Frankfurt bei der Sparkasse Odenwald aufgenommen hat. Die Entscheidung für das Haus des Buches im Herzen von Frankfurt sei genau richtig gewesen, so Heinrich: "Eine Sahneschnitte in bester Lage und kaum Schulden, das erfreut das Herz eines Schwaben".

Der Jahresabschluss 2018 wurde einstimmig genehmigt.

Für 2019 geht Matthias Heinrich nicht von einer signifikanten Ergebnisverschlechterung durch die KNV-Insolvenz aus, auch wenn der Mitgliedsbeitrag wohl möglich nicht mehr in voller Höhe fließen werde. Geplant ist ein Überschuss von 22.000 Euro, nach dem (geplanten) Mitteleinsatz für Buchpreisbindung und Buchmarketing steht ein negatives Vorzeichen von 194.000 Euro unter dem Strich.

Budget 2020 mit "lucky punch"

Das Budget für 2020 muss voraussichtlich mit Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen von 4,9 Millionen Euro auskommen. Dafür wird das Haus des Buches in Leipzig 2020 abgeschrieben sein, für Matthias Heinrich ein "lucky punch". Die Grundstücksmieten im Frankfurter Haus des Buches werden steigen und so höhere Haus- und Grundstückserträge sorgen. Auch die Lizenzsumme, die das VLB an den Börsenverein zahlt, wird aufgestockt: von 340.000 auf 440.000 Euro.

Eine kleinere Debatte entzündete sich an den steigenden Personalkosten beim Börsenverein: "Der Kopf wird immer größer, warum ist es nicht möglich, die Personalkosten zu deckeln?“, fragte Buchhändler Jörg Robbert.

Antwort von Matthias Heinrich: "Die Verbandsaktivitäten sind immer nur so gut wie das Personal, das sie umsetzt." Nach drastischen Sparmaßnahmen würden sich die Personalkosten des Börsenvereins heute wieder auf dem Niveau von vor acht Jahren bewegen, betonte Heinrich – Tariferhöhungen seien hier noch nicht berücksichtigt. „Es wird kein Geld verprasst, wir versuchen, gute Leute für gute Arbeit zu gewinnen.“ Nichtsdestotrotz werde er das Thema an den neuen Schatzmeister und Vorstand übergeben.

Unter dem Strich steht unter dem Vereinsjahr 2020 ein Jahresfehlbetrag von minus 61.000 Euro (16.000 Euro regulär, plus Umsetzung Buchmarketing).

Das Budget für 2020 wurde mit vier Gegenstimmen und fünf Enthaltungen genehmigt.

Zum Schluss der Finanzdebatte stellte Jürgen Horbach (Athesia) die Frage, ob sich der Börsenverein die Doppelstruktur aus Bundesverband und Landesverbänden mit Blick auf sinkende Einnahmen weiter leisten könne: "Das Thema wird tabuisiert." Der Bundesverband, so Horbach, habe sich neu aufgestellt, "diese Bewegung kann ich in den Landesverbänden nicht erkennen." Horbachs Bitte: Der neu gewählte Vorstand solle sich dieser "monolithischen Struktur" annehmen.

Die Lage der Wirtschaftsbetriebe

54,3 Millionen Euro Umsatz, ein Überschuss von 2,6 Millionen Euro, von denen 2018 rund 1,2 Millionen Euro an den Börsenverein und Landesverbände als Gesellschafter ausgeschüttet wurden: Die Wirtschaftsbetriebe liefern einen wichtigen Beitrag zur Verbandsfinanzierung "und es hat sich viel getan": Dieses Fazit zog Siegmar Mosdorf, Vorsitzender des Aufsichtsrats, auf der Hauptversammlung. Er berichtete über die aktuelle Umsatzentwicklung bei MVB und Frankfurter Buchmesse. Zwischen 2015 und 2018 sind die Erlöse bei den beiden Wirtschaftstöchtern des Börsenvereins um gut drei Millionen Euro gestiegen.

Die Konsolidierungsprozesse in der Branche würden zwar zu rückläufigen Entwicklungen bei den Bestandsprodukten führen, so Mosdorf. Die zunehmende Internationalisierung der Wirtschaftsbetriebe spüle jedoch neue Erlöse in die Kasse – durch die Möglichkeit, vorhandene Produkte zu skalieren. Als Beispiele nannte Mosdorf, neben VLB-TIX:

  • die Bestellplattform Pubnet / Pubeasy, die MVB in den USA übernommen hat und die 2018 einen Jahresüberschuss von 900.000 Euro erwirtschaftet hat.
  • Bei Metabooks Brasil, gewissermaßen das brasilianische VLB haben sich die Umsätze 2018 verdoppelt: "Und wir haben eine gute Perspektive, dass der Break-Even-Point nicht erst 2022, sondern schon 2020 erreicht wird", so Mosdorf. Außerdem hätten andere Länder schon Interesse an ähnlichen Lösungen via VLB geäußert.
  • Der Frankfurter Buchmesse sei es gelungen, zum zentralen „Point of Content“ für Aussteller aus aller Welt zu werden und die gesamte internationale Kreativszene einzubinden. 2019, so Mosdorf, werde die BBG wohl wieder 1,2 Millionen Euro an den Börsenverein und Landesverbände ausschütten können: "Trotzdem bleiben genug Rücklagen." Der Aufsichtsrat achte darauf, dass die Wirtschaftsbetriebe "innovativ und gleichzeitig effizient arbeiten".