Branchenumfrage zur KNV-Insolvenz

"Erste Auslieferungen haben mit Lieferstopp reagiert"

14. Februar 2019
von Börsenblatt
Nerven bewahren, Kettenreaktionen vermeiden, hoffen, dass die Lieferfähigkeit bestehen bleibt - boersenblatt.net hat sich in der Branche umgehört.

Peter Stephanus, Geschäftsführender Vorstand der LG Buch
"Die Insolvenz ist von dramatischer Bedeutung für die Branche. Man kann nur hoffen, dass der Insolvenzverwalter die Kenntnis und die Weitsicht hat, den Betrieb keinen Tag stillstehen zu lassen. Es sind nur nicht viele unserer LG Buch-Partnerverlage betroffen, sondern ja der gesamte Büchersammelverkehr. Wenn KNV nicht fährt, kommt die Ware nicht von den Verlagen weg."

Heinrich Riethmüller, Geschäftsführender Gesellschafter von Osiander
"Auch bei uns herrscht große Betroffenheit. Die Insolvenz von KNV ist ein kleines Erdbeben für die Branche. Ich denke mal und hoffe auch, dass die handelnden Personen sich der Verantwortung für die Branche bewusst sind. Wir können nur hoffen, dass die Struktur erhalten bleibt und der laufende Betrieb aufrecht erhalten wird."

Andreas Horn, Verleger Westend
"Die Branche braucht jetzt eine konzertierte Aktion – sonst gibt es eine furchtbare Kettenreaktion."

Maximilian Hugendubel, geschäftsführender Gesellschafter von Hugendubel
"Wir bedauern das sehr und hoffen, dass man für alle Beteiligten eine gute Lösung für das Fortbestehen des Unternehmens finden wird. KNV ist für die gesamte Branche ein wichtiger Partner."

Klaus Kluge, Vorstand Bastei Lübbe
"Eine erschütternde Nachricht. Das Gleichgewicht der Kräfte darf nicht auseinandergehen, das hätte Folgen, die im Moment noch gar nicht absehbar sind. Man kann nur hoffen, dass sich schnellstmöglich eine Lösung findet."

Ralf Rebscher, Magellan-Verlag 
"Ich war überrascht von dem Anruf der KNV-Kollegen heute Morgen, fand es aber sehr positiv, dass wir die Nachricht von ihnen selbst erfahren haben. Jetzt gilt es erst einmal abzuwarten, welche Schritte der Insolvenzverwalter unternehmen will, und die Nerven bewahren. KNV gehört zu den „too big to fail“-Unternehmen in unserer Branche; Mitbewerber haben gar nicht die Lagerkapazitäten, um einen KNV-Ausfall aufzufangen. Wenn KNV nur für drei Tage still stehen würde, wäre das für den Buchhandel eine Katastrophe."

Kim Otto, Buchhandlung Tolksdorf, Hofheim
"Das ist der Supergau – und für die gesamte Branche kein gutes Zeichen. So vieles ist ja mittlerweile eng miteinander verzahnt: Was machen etwa die Buchhandlungen, die das KNV-Warenwirtschaftssystem haben?" 

Irene Nehen, Buchhandlung Otto Melchers, Bremen
"Das ist eine ganz große Katastrophe! Wir beraten gerade in unserer Erfa-Gruppe, was man tun kann, denn die Auftragsvolumen können die Mitbewerber schon allein vom Volumen her nicht bewältigen - KNV ist systemrelevant. Soll man sich jetzt bevorraten und erst mal möglichst viele Titel auf Lager nehmen? Das kann eigentlich nicht die Lösung sein, aber plötzlich morgens ohne Lieferungen dazustehen, ist noch schrecklicher. Es gehen einem jetzt alle möglichen Fragen durch den Kopf."

Carola Markwa, Geschäftsführerin des Landesverbands Nord im Börsenverein

"Ein Blick auf meinen früheren Arbeitgeber Karstadt zeigt mir: Eine Insolvenz muss nicht das Ende eines Unternehmens sein, sondern kann auch den Weg für einen Neuanfang freimachen. Zumal die Arbeitsagentur drei Monate lang das Insolvenzgeld zahlt. Klar ist aber auch: Dieser Prozess ist schmerzhaft, allen voran für Mitarbeiter und Gläubiger."

Markus Renk, Wagnersche, Innsbruck 

"Wir haben zu Jahresanfang auf KNV umgestellt und es lief gut. Jetzt müssen wir erst einmal abwarten. Ich gehe davon aus, dass die Lieferfähigkeit weiter gewährleistet ist, wenn nicht, könnten wir schnell auf Mohr Morawa oder Medienlogistik Pichler-ÖZB umswitchen. In finanzieller Hinsicht könnten wir noch Remittenden und ausstehende Boni gegenrechnen."

Björn Bedey, Acabus Verlag

"Vermutlich wird KNV jetzt stark remissionieren, sie werden weniger Titel listen, was für uns kleinere Verlage nicht günstig ist. Der worst case ist, dass KNV Beträge zurückfordert. Sollte KNV die Gelder von bereits verkauften Büchern, die ein Zahlungsziel von 60 Tagen haben, nicht auszahlen, dann kommen nicht wenige kleinere Verlage an eine Grenze, wo es existenzbedrohend wird. Nicht vergessen werden darf, dass KNV auch viele Titel an Amazon liefert: Ein Einbruch an dieser Stelle wäre ebenfalls deutlich spürbar. "

Britta Blottner, Blottner Verlag
"Es stellen sich viele Fragen: Wie geht es weiter? Wie wird die Ware bezahlt und: Kann überhaupt noch bezahlt werden? Was passiert mit den Remittenden? Erste Auslieferungen haben schon mit einem Lieferstopp an KNV begonnen. Jetzt kommt alles auf die Entscheidungen des Insolvenzverwalters an. Sollte KNV schließen, wäre das ein absolutes Drama."

Andreas Illmann, Schaltzeit Verlag
"Gerade kleinere Verlage verkaufen ja sehr stark über die Barsortimente – wenn da eines ausfällt, sind die Einbußen schnell spürbar. Meine allererste Frage ist: Bekommen wir noch die bereits verkauften Bücher aus dem Weihnachtsgeschäft mit langem Zahlungsziel ausgezahlt? Sollte KNV tatsächlich „ausfallen“, was man sich nur schwer vorstellen kann, dann ist es nicht mehr möglich, das Barsortimentssystem in seiner bisherigen Form aufrechtzuerhalten. Diese Volumen können nicht von anderen aufgefangen werden."

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