Bologna im vorübergehenden Ausnahmemodus

"Corona-Virus-Psychose auf Zehenspitzen"

25. Februar 2020
von Börsenblatt
Am Montag wurde die Jugendbuchmesse in Bologna auf Mai verschoben. Wie sah die Hauptstadt der Region Emilia-Romagna am ersten Tag nach den behördlichen Maßnahmen aus? Ein fast leeres Stadtzentrum, kein Unterricht und ein Ansturm auf Apotheken und Supermärkte.

In den Bologneser Apotheken sind die Schutzmasken und Handdesinfektionsmittel komplett ausverkauft, die Supermärkte sind voll, die Regale werden leergekauft. Die Medien berichten übereinstimmend, dass vor allem Nudeln, Saucen, Thunfisch, Fleisch, Tiefkühlprodukte und Wasser heiß begehrt sind: Die Bologneser versuchen sich zu wappnen. Ob Coop, Esselunga, Carrefour, Conad oder Lidl: Nach den Beobachtungen des "Corriere di Bologna" bevorraten sich die Einwohner in sämtlichen Supermärkten und Einkaufszentren der Stadt, von der Zona Lame bis zum Mazzini-Viertel. Franceso Moroni vom "Resto di Carlino" beobachtete gestern lange Schlangen an den Kassen, die sonst an einem Montag nie zu sehen sind. Auch wenn Mitarbeiter die Regale ständig nachzufüllen versuchen: Die Hilflosigkeit, nicht genau zu wissen, wie es weitergeht, die Befürchtung, dass die Regale durch eine Quarantäne der Stadt leer belieben könnten, sorgen für Beunruhigung. Journalist Beppe Faccini berichtet von einer "Corona-Virus-Psychose auf Zehenspitzen".

Zu diesem Gefühl trägt sicher bei, dass die Regional- und Fernzüge der Linie Turin - Mailand - Rom - Salerno über Verona / Padua gestrichen oder von der Strecke umgeleitet werden; auch Regionalzüge auf den Linien Mailand - Bologna und Bologna - Poggio Rusco wurden gestrichen oder eingeschränkt.

Schulen und Kindergärten geschlossen

Man fürchtet sich vor Ansteckungen, es wird überlegt, welche Mittel man zur Desinfektion einsetzen kann. Irgendwo noch "Amuchina" das Desinfektionsmittel, aufzutreiben, "ist wie die Tür zum El Dorado zu erreichen: eine unendliche Reise", kommentiert Francesco Moroni. Der für die Gesundheitspolitik zuständige Bologneser Stadtrat Sergio Venturi gab bekannt, es seien eine Million Schutzmasken geordert, weitere 500.000 sollen in der kommenden Woche eintreffen. Der Bereich der Universität ist menschenleer, nur wenige Studenten sind noch dort. Sämtliche Schulen, Kindergärten, Bibliotheken, Museen, Kinos und Theater sind bis zum 1. März geschlossen. Das wirkt sich insbesondere auf die Arbeit der Eltern aus. Der für den 1. März geplante Stadtmarathon soll verschoben werden.

Auch die Kirchen halten sich an die Corona-Virus-Verordnungen: keine traditionelle Aschermittwoch-Messe morgen (die wird im Radio übertragen), Weihwasserbecken meiden, kein Händeschütteln beim Friedensgruß, keine Mundkommunion, Beerdigungen folgen nur dem kurzen Ritus. Die Kirche sollen weiter offen bleiben für die individuellen Gebete, aber nicht in Gruppen, wie es sonst der Brauch ist in der Fastenzeit. Gottesdienste, bei denen mit großen Menschenmengen gerechnet wird, werden abgesagt, kleine Wochentagsmessen sollen in großen Kirchenräume stattfinden. Eine Stadt im Ausnahmemodus.