Holtzbrinck nimmt zu E-Book-Vergleich der EU-Kommission Stellung

20. September 2012
von Börsenblatt
Die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck hat zu dem von der EU-Kommission eingeleiteten Vergleichsverfahren wegen angeblicher Absprachen bei E-Book-Agency-Verträgen, das mit einem formellen Markttest verbunden ist, Stellung genommen.

"Holtzbrinck war an keinerlei Abstimmungen in irgendeinem Land beteiligt", sagte Geschäftsführer Rüdiger Salat. Dennoch habe sich Holtzbrinck "nach reiflicher Überlegung entschlossen, der EU-Kommission Verpflichtungszusagen vorzuschlagen und ist bereit, diese Verpflichtungszusagen abzugeben, soweit sie sich letztlich als akzeptabel erweisen".

Sollte der Vergleich nach Abschluss des Markttests in Kraft treten, würde dies Salat zufolge nicht das Aus für jede Form eines Agenturvertrags bedeuten. Die bestehenden Verträge müssten allerdings so schnell wie möglich gekündigt werden. Beim Abschluss neuer Verträge könnte weiterhin der Verlag die Preise für E-Books festsetzen. Den Agenten müsste allerdings für einen Zeitraum von zwei Jahren die Gewährung von Rabatten in begrenztem Unfang gestattet werden.

Es liegt auf der Hand, warum Holtzbrinck sich zu diesen Verpflichtungszusagen bereit erklärt. In Europa hätte ein Rechtsmittel gegen Sanktionen der Europäischen Kommission keine aufschiebende Wirkung, so dass ein langwieriges Gerichtsverfahren von vier bis fünf Jahren notwendig wäre, um die Folgen einer Entscheidung zu beseitigen. Damit wäre eine erhebliche Rechtsunsicherheit verbunden.

Vier bis fünf Jahre sind im dynamischen E-Book-Markt ein Zeitraum, in dem sich das Geschäft vollkommen verändern kann. Holtzbrinck ist daher wohl eher bereit, das kleinere Übel zu wählen und beim Abschluss von Agenturverträgen den Agenten zwei Jahre die Möglichkeit zur begrenzten Rabattierung von E-Books einzuräumen.

Ein Knackpunkt in der Argumentation der EU-Kommission sind die sogenannten Meistbegünstigtenklauseln (englisch: Most Favoured Nation. kurz: MFN) in den bisherigen Agency-Verträgen, die die Lieferanten dazu verpflichten, Bücher bei keinem anderen Händler günstiger anzubieten als beim Vertragspartner. Aus der Begründung der EU-Kommission für den Vergleich geht aber eindeutig hervor, dass auch andere Agency-Verträge (ohne MFN) zulässig sind.

Offen ist weiterhin, wie sich die Entscheidung der EU-Kommission auf die Preisbindung auswirkt, vor allem im grenzüberschreitenden E-Book-Geschäft. Sollte es zu einer grenzüberschreitenden Aushebelung der Preisbindung für E-Books kommen, dürften deutsche Verlage nicht zögern, dies gerichtlich klären zu lassen.