"Die Empörung ist groß, aber nicht konstruktiv"

20. Juli 2015
von Börsenblatt
Für reichlich Wirbel hat ein Blogger mit seiner "Empörung über... Kiepenheuer & Witsch" gesorgt. In seinem Blog prangerte er niedrige Volontariatsgehälter des Verlags an − 81 Kommentare waren die Folge. KiWi hat inzwischen eine höhere Vergütung angekündigt. Norsin Tancik, Mit-Gründerin des Portals "BuchKarriere", will die Debatte aus der "elendigen Welle der Empörung" herausbringen.

In unserer BuchKarriere-Jobbörse achten wir darauf, nur Stellenanzeigen zu veröffentlichen, die fair sind. Das ist nicht immer eine einfache Entscheidung, denn es gibt viele Konditionen, die machbar sind. Sie bedeuten aber keineswegs, dass sie auch menschenwürdig sind.

Vor einem halben Jahr stieß ich zum ersten Mal auf die Anzeige von KiWi, die in den letzten Wochen so in Verruf gekommen ist. Damals habe ich sie aufgenommen − als nicht ernstzunehmendes Volontariat, das in der Länge eines Praktikums für viele Studierende in einem Urlaubssemester leicht mitgenommen werden kann. Eine Entscheidung, über die ich erst eine Nacht schlafen musste und die mir schon damals sofort einige enttäuschte Mails vom Buchbranchennachwuchs eingebracht hat.

Jetzt kam die Empörung wieder, in der erneut dieselben Argumente durchgekaut wurden:

Andere Berufseinsteiger anderer Branchen würden sich über so ein Gehalt freuen. Wenn man solche Stellen selbst nicht annimmt, machen es andere Bewerber mit Eliteeltern, die das ganze Elend finanzieren. Natürlich darf da ein Seitenhieb auf die unnützen Geisteswissenschaftler nicht fehlen, außerdem die Annahme, dass die Leute für solche Stellen Schlange stehen und natürlich Vorwürfe, dass andere Verlage es nicht besser machen und dass sich eh nichts ändern wird. Die Empörung ist groß, aber nicht konstruktiv.

Rebekka Kirsch und ich haben BuchKarriere genau aus diesem Grund vor zwei Jahren gegründet, als die Wut damals das erste Mal kam und ohne Ergebnis wieder verrauchte.

Wir wollen die Debatte voranbringen und sie aus dieser elendigen Welle der Empörung zerren. Wir wollen nachhaltig an diesen Problemen arbeiten − gemeinsam mit den Verlagen und gemeinsam mit dem Branchennachwuchs. Denn solche Zustände, wie sie momentan viele Praktikanten und Volontäre der Buchbranche ertragen müssen, sind einfach nur traurig und beschämend.

Unser neues BuchKarriere-Verlagsranking, das zur Frankfurter Buchmesse fertiggestellt wird, trägt hoffentlich dazu bei, die Branche ein Stück transparenter und vergleichbarer zu machen. Damit Verlage mit tollen Ausbildungsangeboten (wie beispielsweise der Ravensburger Verlag) in den Mittelpunkt rücken − und die guten Leute bekommen, die sie verdienen.