Übersetzer und ihre Honorare

Die zwei Seiten der Medaille

12. Dezember 2012
von Regine Meyer-Arlt
Wer, wie viel, für was? Literaturübersetzer und Verlage streiten seit Jahren um Geld und Gerechtigkeit. 
Fristen die Literaturübersetzer ein ärmliches Dasein, ganz so wie Spitzwegs "Armer Poet", während in den Häusern dickbäuchiger, Zigarre rauchender Verleger unablässig die Kasse klingelt? Ein tradiertes Bild, das ganz und gar nicht der Wirklichkeit entspricht, meint Joachim Unseld. Der Verleger und alleiniger Gesellschafter der Frankfurter Verlagsanstalt (FVA) zieht eine ernüchternde Bilanz: "Ich habe in den vergangenen drei Jahren keinen Gewinn erzielt und mir selbst kein Gehalt gezahlt." Das liege zum einen daran, dass kleine, spezialisierte Verlage wie die FVA sich in einem ökonomisch schwierigen Umfeld bewegen und mit dem Verlegen guter Literatur schlicht nichts mehr verdienen. Zum anderen hätten aber auch Honorarnachforderungen für bis zu zehn Jahre zurückliegende Übersetzungen die FVA "finanziell über die Maßen belastet".

Für den Verband deutschsprachiger Literaturübersetzer (VdÜ) ist dagegen die finanzielle Situation seiner Mitglieder alles andere als befriedigend: Literaturübersetzer, so heißt es in einer kürzlich veröffentlichten Umfrage des Verbands, verdienten bei voller Arbeitszeit und gut gehenden Geschäften netto rund 1.000 Euro im Monat und lebten "tatsächlich am Rand des Existenzminimums". An der Erhebung, die sich auf die Jahre 2007 bis 2010 bezieht, hatten sich 227 der insgesamt 1.250 Verbandsmitglieder beteiligt.

"Verbesserungen der Seitenhonorare werden von der Teuerungsrate aufgezehrt", sagt Hinrich Schmidt-Henkel, erster Vorsitzender des VdÜ, "dazu halten die Buchpreise nicht mit der allgemeinen Preisentwicklung Schritt." Welche Honorarzahlungen für die Verlage wirtschaftlich vertretbar und für die Übersetzer angemessen sind, ist ein Verhandlungsthema, das vor dem Hintergrund unbefriedigender rechtlicher Rahmenbedingungen bisher nicht zu einem Kompromiss beider Parteien führen konnte.

Die Erfolgschancen der Verfassungsbeschwerde

So kann die Neuregelung des Urhebervertragsrechts in Einzelfällen zu Honorar-Nachforderungen führen, die bis zu Buchveröffentlichungen aus dem Jahr 2001 zurückreichen. Erschwert werden die Vergütungsverhandlungen auch dadurch, dass der Bundesgerichtshof in Karlsruhe den Übersetzern am 20. Januar 2011 einen deutlich höheren Teil der Nebenrechtserlöse wie zum Beispiel Taschenbuchlizenzen zugesprochen hat. Für Hardcover-Verlage ein schwerer Schlag, denn der Verkauf von Taschenbuchlizenzen ist maßgeblich für ihre Rendite und benachteiligt diese Häuser gegenüber Konzernverlagen, die solche Nebenrechte selbst verwerten.

Gegen dieses ihn betreffende Urteil hatte der Carl Hanser Verlag im März 2011 Verfassungsbeschwerde eingereicht. Die Zulassung ist noch offen. Die Position des Börsenvereins heißt jetzt: Abwarten, bis über die Zulassung der Verfassungsbeschwerde entschieden worden ist. Die Entscheidung wird im ersten Quartal des kommenden Jahres erwartet. Börsenvereins-Justitiar Christian Sprang ist vorsichtig optimistisch: "Es gibt Indizien dafür, dass die Verfassungsbeschwerde mündlich verhandelt werden könnte. Und wenn dies geschieht, hat sie gute Erfolgschancen."