Umfrage unter Lektoren (4)

Der erste Satz

12. Juni 2017
von Börsenblatt
Ein Versprechen, verführerisch, wie ein Enterhaken: Wie muss der erste Satz eines Romans sein? Wir haben bei Lektoren nachgefragt − und präsentieren Ihnen bis zum Erscheinen des Börsenblatt Spezials Belletristik am 14. Juni jeden Tag drei Antworten. Heute: Margaux de Weck, Carolin Graehl und Thomas Tebbe.

Margaux de Weck, Lektorin bei Diogenes:

So, dass man auch den zweiten lesen will. Ein wunderbares Beispiel ist der erste Satz von Ian McEwans neustem Roman Nussschale: "So, hier bin ich, kopfüber in einer Frau."

Carolin Graehl, Lektorin bei Droemer Knaur:

Für mich ist der erste Satz eines Romans wichtig, aber nicht entscheidend. Wichtiger sind das erste Kapitel bzw. der Prolog, vielleicht sogar: der letzte Satz des ersten Kapitels. Trotzdem freue ich mich, wenn im ersten Satz deutlich wird, dass der Autor etwas Originelles schaffen möchte und dass er sich darüber Gedanken gemacht hat, wie er den Leser sofort einfängt. Im Bereich Spannung, wo ich auf der Suche bin, darf ein bisschen Effekthascherei schon sein! 

Thomas Tebbe, Programmleitung Literatur, Piper Verlag:

Der erste Satz sollte einen Ton anschlagen und eine Dringlichkeit besitzen. Und im Idealfall hat er auch ein Ziel.

Das 114 Seiten starke Spezial Belletristik erscheint am 14. Juni mit einem Porträt des Diogenes-Verlegers Philipp Keel, einem Überblick über neue Gegenwartsliteratur aus der Schweiz, den neuesten Trends in der Covergestaltung und vielen anderen Themen.