Aktionärstreffen in Köln

Bastei Lübbe kann nach Plan weitermachen

1. Dezember 2016
von Tamara Weise
Bastei Lübbe fängt seine Aktionäre offenbar wieder ein: Am Ende einer kräftezehrenden Hauptversammlung haben sie gestern sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat mehrheitlich entlastet – und einen neuen Aufsichtsrat gewählt. Die Dividende wurde auf 0,10 Euro pro Aktie festgelegt. Update: zur Entlastung der Vorstände

Die Generaldebatte mit den Aktionären zog sich diesmal über Stunden hin. So lange, dass sich, als es gegen Abend schließlich zur Abstimmung ging, die Reihen (Bastei Lübbe hatte rund 450 Einladungskarten ausgegeben) schon etwas gelichtet hatten. Die Ergebnisse fielen trotzdem deutlich aus, wie Bastei Lübbe heute per Pressemitteilung bekannt gibt: "Die Aktionäre stimmten in allen Tagesordnungspunkten am Ende der Hauptversammlung den Vorschlägen der Verwaltung zu." Das heißt:

  • Sie entlasteten Vorstand und Aufsichtsrat - mit einer knappen Mehrheit von 60 bzw. 59 Prozent; 
  • sie gaben ihr Go für eine höhere Vergütung der Aufsichtsräte und
  • für eine Dividende in Höhe von 10 Cent pro Aktie (für das abgelaufene Geschäftsjahr 2015/16), und 
  • wählten einen neuen Aufsichtrat − bestehend aus Robert Stein (Geschäftsführer der Beteiligungsberatung Arcana Capital), dem Rechtsanwalt Friedrich L. Ekey (Professor an der Rheinischen Fachhochschule in Köln, Wirtschaftsrecht) und Mirko Alexander Caspar (Managing Director des Online-Optikers Mister Spex).

Bei der Abstimmung waren 68,2 Prozent des Grundkapitals vertreten.

Et hätt noch immer jot jejange? Die "Wirtschaftswoche" und die Folgen

Bastei Lübbe hat schwierige Monate hinter sich, nichts wollte seit der Veröffentlichung der "Wirtschaftswoche" mehr so richtig nach Plan laufen, der Verlag verlor einiges an Höhe: Vor dem Wiwo-Bericht im Juli bewegte sich der Börsenkurs bei einem Wert von um die 7,0 Euro – danach ging es abwärts. Gestern, am Tag der Hauptversammlung, erreichte er einen neuen Tiefstand, bei 5,40 Euro.

Im Sommer hatte das Magazin den Verlag, wie berichtet, öffentlich und ohne Vorwarnung damit konfrontiert, seine Bilanz zu schönen. Die Rede war von "fragwürdigen Tricks und kreativer Bilanzierung", davon, dass der Kaufvertrag zwischen Bastei Lübbe und Blue Sky Tech Ventures – im Fokus standen die Oolipo AG (zuvor Beam AG) und die Game-Schmiede Daedalic Entertaiment – nur geschlossen worden sei, um Verluste zu kaschieren und die Gewinne künstlich oben zu halten.

Das schlug ein: Der Vorstand wehrte die Sache zwar zunächst noch ab (im Archiv: Bastei Lübbe wehrt sich gegen Vorwürfe der Bilanztrickserei) – musste nach nochmaliger Rücksprache mit den Wirtschaftsprüfern von KPMG dann aber doch einlenken. Er änderte die Bilanz für die beiden vergangenen Geschäftsjahre (2014/15 und 2015/16) und legte im Oktober schließlich seinen aktualisierten Geschäftsbericht vor: mit einem negativen Konzernergebnis (2015/16: minus 300.000 Euro statt 7,9 Millionen Euro, siehe Archiv: Bastei Lübbe verdient weniger).

Ausgestanden ist das Thema damit aber nicht. In der Schanzenstraße in Köln-Mühlheim, wo der Verlag seit 2010 seinen Sitz hat, sind die Aufräumarbeiten noch im Gange: Noch ist nicht das abschließende Urteil gefällt, wie der Vorstandsvorsitzende Thomas Schierack gestern vor seinen Aktionären bei der Hauptversammlung sagte ("die Signale sind aber positiv"). Noch muss sich Schierack mit Blue Sky Tech Ventures auseinandersetzen, und noch drückt die Geschichte aufs Image.

Adrenalinschub vor der Hauptversammlung

Die Geschäfte mit dem britischen Investor, so viel steht fest, brachten Bastei Lübbe kein Glück – mancher munkelte schon, Schieracks Stuhl würde kräftig wackeln: Großaktionärin Birgit Lübbe (sie hält 33,09 Prozent der Anteile) sei sauer, hieß es mal hier und mal da, sie halte die Experimentierfreude des CEO für überzogen und für zu kostspielig. Ausgehend davon hätte die Hauptversammlung so ziemlich alles bringen können: Wenn Lübbe gestern ihre Stimmen nicht entsprechend positioniert hätte, wäre das Aktionärstreffen sicher anders ausgegangen (siehe oben) – sowohl für den Vorstand, Thomas Schierack und Klaus Kluge, als auch für den Aufsichtsrat. Das Ergebnis lässt vermuten, dass sie weder gegen sie votierte noch sich enthalten hat (siehe Update am Ende des Textes).

Streubesitz-Aktionäre murren

Birgit Lübbe blieb gestern die Ruhe in Person, saß in der zweiten Reihe, eingerahmt von ihren Rechtsbeiständen. Was vor ihr auf der Bühne los war, dürfte sie trotzdem nicht kalt gelassen haben. Es war ein wenig wie beim Wrestling, wo man sich gern seine Muskeln zeigt, wo (nach Protokoll) die Fetzen fliegen, aber niemand Angst haben muss, dass sich gleich einer ernsthaft verletzt. Frage um Frage reichten Aktionäre zu Vorstand und Aufsichtsrat hinauf, bekamen Antworten, fragten wieder und wieder.

Murrten. Obwohl Schierack ihnen über eine gute Stunde lang die Details seiner Strategie, den Blue Sky Deal und seine Oolipo-Ideen erklärt hatte. Dass es am Ende nur für eine vergleichsweise schwache 60-Prozent-Entscheidung reichen würde: Etwas anderes war angesichts der Querelen um die Bilanz und mit Blick auf die magere Kursentwicklung kaum zu erwarten. Bastei Lübbe steht weiter unter Beobachtung – der Aktionäre. 

Update zur Entlastung des Vorstands (21:20 Uhr)

Der Text gibt die Situation nach acht Stunden Hauptversammlung wider. Anschließend folgte noch eine letzte Abstimmung – die mit dem genannten Ergebnis endete: Mit einer knappen Mehrheit wurden Vorstand und Aufsichtsrat entlastet.

Offenbar gab Großaktionärin Birgit Lübbe dabei klare Signale, zumindest mit Blick auf die beiden Vorstände: Wie die „Wirtschaftswoche“ heute Abend berichtet, soll sie den Vorständen Thomas Schierack und Klaus Kluge im letzten Wahlgang ihre Zustimmung verweigert haben, indem sie sich für eine Enthaltung entschied. "Hätte sie mit ‚ja’ gestimmt, wäre aus einem miserablen immerhin noch ein schlechtes Ergebnis geworden", heißt es. "Tat sie aber nicht. Stattdessen enthielt sie sich ihrer Stimmen und ließ damit den Zorn der Kleinanleger auf den Vorstand niederprasseln."