Aktuelle Weinführer

Spaß im Glas

3. November 2016
von Stefan Hauck
Weinbücher führen nicht nur in die Geheimnisse des Rebensaftes ein – sie erklären auch die Welt des Genießens. 

Im Urlaub mit Blick auf den See hat der Wein einfach fantastisch geschmeckt – und zu Hause ist man vom selben Tropfen äußerst enttäuscht. Warum ein Wein nie gleich schmeckt, das Aroma nach dem Öffnen der Flasche innerhalb von zwei Stunden sogar komplett zusammenfallen kann, ­erklärt Thomas Hertlein in "Reiner Wein" (Riva, 176 S., 18,99 Euro) genau. Der Kenner redet erfrischend offen über Wein-Basics und worauf man bei Kauf und Lagerung achten sollte. Er erklärt die wichtigsten Weine ebenso wie den persönlichen Zugang zum Spaß im Glas. Der Mann hat ein derart profundes Weinwissen, dass er sich nie hinter Floskeln verstecken muss und auch die Relation zwischen Preis und Leistung vernünftig erklärt – mit exakten ­Euro-Beispielen. Hertleins Sprache ist dabei herrlich bildhaft und derart flüssig, dass auch Einsteigern jegliche Berührungsangst mit den Geheimnissen des Weins genommen wird.

Lexikalischer aufgebaut ist der Titel "Wein für Dummies" (Wiley-VCH, 400 S., 19,99 Euro), der das Einmaleins des Weins, die Rebsorten und Weinbaugebiete solide abarbeitet und sich vor keiner auftretenden Frage scheut. Die Stärken des Rat­gebers liegen bei den Kapiteln zum Umgang mit Wein: der Orien­tierungshilfe beim Kauf, dem Umgang mit Kon­ventionen, wie man im Restaurant bestellt und Weinkarten liest – ein Buch zum immer wieder Hin- und Herblättern.

Weinwissen kann man sich aber auch spie­lerisch erarbeiten mit Christoph Raffelts Box "100% Wein" (Moses, 19,95 Euro): Nach dem unterhaltsamen Kartenspiel weiß man, was ein Strohwein ist, wer den Champagner erfunden hat und was "verrieseln" bedeutet. Im beiliegenden Buch führt ein Sommelier auf rund 200 Seiten knapp in die Materie ein, in einem Heft können beim Probieren mit einem Aromakompass Eindrücke festgehalten werden und ein Faltplan verrät neben dem Charakter der Rebsorten, welcher Wein zu welchem Essen passt.

Als opulenter Bildband dagegen kommt Jacopo Cossaters Werk "Wein. Mit allen Sinnen genießen" (Delius Klasing, 240 S., 49,90 Euro) daher. Der Autor konzentriert sich neben Grundlagen­wissen auf Eigenschaften, Geschmacks- und Geruchsnuancen von 40 Weinsorten – und Fotograf Fabio Petroni setzt sie mit Obst ("zitronig, mit Kirscharomen" etc.) bildlich in Szene.

Auf die kulturellen Aspekte des Weins fokussiert ist das Buch "Wo aber der Wein fehlt, stirbt der Reiz des Lebens" (Nünnerich-­Assmus, 272 S., 24,80 Euro): In 21 Beiträgen beleuchten Experten den biblischen Hintergrund großer Wein­flaschen, die Beziehung der frühen Kalifen zum Wein, den Alkoholkonsum in einer deutschen Weinbauregion, Medizinalweine, Resistenzzüchtung bei Reben und, und, und – eine perspek­tivisch breite Themenpalette.

Die wird von Elisabeth Raether erweitert um "Die trinkende Frau" (Piper, 128 S., 14 Euro). "In jeder Kultur gelten für Frauen beim Trinken strengere Regeln als für Männer", schreibt die "Zeit"-Kolumnistin und plädiert in ihrem launigen Buch voll kluger Fragen (Was passiert, wenn Frauen so viel trinken können wie Männer?) für das Recht auf Alkoholgenuss.