Alfred-Kerr-Preisträger empfehlen

Leicht erreichbares Zwischenparadies

17. Juni 2015
von Börsenblatt
Dieser Herz-, Seelen- und Gemüt-Furor ist in der zeitgenössischen Lyrik ungewöhnlich. Tom Schulz macht das in Kitschverdacht geratene Herz zum Bezugspunkt seiner Gedichte. Da ertönt eine virtuos auf "Harfe, Blech und Kamm" gespielte Musik. Eine Kurzkritik.

"Ein Gedicht greift ins Herz oder wehrt sich. Stellt sich quer", heißt es programmatisch. Gerne initiiert der Autor per Zeilen- und Wort-Bruch eine plötzliche Bedeutungsumkehr. Oder er erfindet überraschende Komposita, die Gegensätzliches in Eins denken. Dabei verschiebt Schulz gewitzt die Herz-Perspektive vom Sentimentalen in die profane Welt der Apparate – Medizin oder ins Soziale.

Revolutionäre Szenen, Stimmungen und dramatische Konfrontationen machen manche Verse zu Zeitgeist-Dokumenten, vorgetragen mit Ironie und Selbstironie. Ob erinnert oder erfunden – hier träumt einer den Traum von einer gerechteren Welt. In grotesken Kabinettstückchen spielt er absurdes Theater mit kabarettreifen Alltagstypen in wechselnden Milieus. Manchmal entwirft er ein utopisches "Zwischenparadies" der Sprache, der Malerei und der Musik.

Das gesamte letzte Kapitel ist eine Hommage an Verwandte im Geiste. Allesamt sind sie Garanten für den gegenwärtigen literarischen Paradigmenwechsel.

Zur Leseprobe.

Tom Schulz: "Lichtveränderung. Gedichte." Hanser Berlin, 96 Seiten, 15,90 Euro

 

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Dorothea von Törne (Jahrgang 1948) hat Germanistik und Anglistik studiert. Sie schreibt Beiträge über deutschsprachige und internationale Lyrik und Prosa für verschiedene Zeitungen, unter anderen für die "Welt" und den "Tagesspiegel". Sie hat eine Brigitte-Reimann-Biografie veröffentlicht. Dorothea von Törne wurde 2010 mit dem Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik ausgezeichnet und lebt in Berlin.