Analyse zur Insolvenz von LesensArt

Abwicklung nach Plan bei LesensArt?

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Die Buchhandelskette Lesensart hat Insolvenz angemeldet. Für viele kam das nicht überraschend, zu dubios waren von Anfang an die Verwicklungen. Eine Analyse von Börsenblatt-Redakteurin Christina Schulte.

Da gibt es LesensArt-Inhaber Rüdiger Wenk, den in der Branche kaum einer kennt, zu dem keinerlei Kontaktaufnahme möglich ist, den selbst Mitarbeiter nicht zu Gesicht bekommen. 67 Filialen mit rund 400 Mitarbeitern hat er im Februar vom Weltbild-Mehrheitseigner Droege übernommen, die unrentablen, wollte sie mit neuer Strategie zum Glänzen bringen.

Woher er das Geld dazu hatte, konnte sich niemand erklären. Leichter erklärlich schien (schon damals) die andere Variante: dass Geld von Droege geflossen ist, damit Wenk sich auf den Deal einlässt und die Rolle des Bad Guy übernimmt. Von einem Abwicklungsdrehbuch war bei manchen die Rede. Sie haben wohl Recht behalten.

Mit abenteuerlichen Methoden gingen Wenk und Co. in den vergangenen Monaten zu Werke. Erst gab es ein zweiseitiges Strategiepapier („Strategiepapier zur Vision des Investors für die Weimarer Gespräche“), man könnte auch sagen, es stand unter dem Motto „Wünsch Dir was“: Hochwertige Buchhandlungen sollten entstehen, mit günstigeren Mieten, bessere Konditionen, niedrigeren Personalkosten und und und. Umgesetzt wurde davon: so gut wie nichts. Stattdessen wurden Filialen geschlossen, an Branchenfremde wie Niemann Consulting weiterverkauft. Besonders getroffen hat es die Mitarbeiter, die jetzt bereits zum zweiten Mal unverschuldet mit in die Insolvenz gerutscht sind: Sie sind nicht über die Geschehnisse informiert worden, wurden kurzfristig freigestellt, es rückten Räumungsteams an, die die Läden von jetzt auf gleich leerräumten, man vermietete an 1-Euro-Shops unter …. Auf 55 Läden wurde das Netz auf diese Weise mittlerweile zusammengestutzt.

Die Insolvenz von Lesensart kann jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Weltbild sitzt hier mit im Boot, auch wenn mit dem Verkauf die Trennung von den Filialen erfolgte. Zu eng verwoben sind die Geschäftsbeziehungen. Bekanntermaßen laufen Lesensart-Mietverträge noch auf das Augsburger Unternehmen, Weltbild Retail beliefert Lesensart mit Waren …

Pikant ist auch die Frage, ob Droeges Agieren im Sinne der Minderheitsgesellschafter war und ist. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz und die Gläubiger halten immerhin noch 40 Prozent der Weltbild-Anteile. Den Haupteigner, der beharrlich zu seinem Investment bei Weltbild schweigt, stoppen – das können sie damit nicht. Bei Lesensart übernimmt nun erst einmal der Insolvenzverwalter.