Antiquariat

Jasmin Fritz im Gespräch

22. April 2016
von Börsenblatt
Das Antiquariat Diderot von Jasmin Fritz in der Innenstadt von Kiel wurde vor drei Jahren als Ladengeschäft eröffnet – Anlass für ein Interview mit der Antiquarin.

Jasmin Fritz (Jg. 1976) hat eine Berufsausbildung im Antiquariat und Auktionshaus Schramm in Kiel absolviert und dort im Anschluss als Antiquarin gearbeitet. Im April 2013 machte sie sich mit einem allgemeinen Ladenantiquariat mit den Schwerpunkten Landeskunde (Schleswig-Holstein), Geschichte, Kunst, Literatur und Kinderbücher in der Gutenbergstraße 5 in Kiel selbständig (Eindrücke vom Laden siehe hier).

Ihr Antiquariat besteht seit genau drei Jahren, welche Erfahrungen haben Sie als Gründerin gemacht?

Jasmin Fritz: Die Erfahrungen sind so vielfältig, dass sich das nicht einfach kurz umschreiben lässt. Da ich schon vor der Gründung neun Jahre Berufserfahrung hatte, hatte ich ein ganz gutes Bild davon, was alles zu einer Selbständigkeit im Antiquariatsbuchhandel gehört. Dieses Wissen zu bündeln und alles zu sortieren und organisieren hat dennoch einige Monate in Anspruch genommen. Ich habe sehr viel Unterstützung von Familie, Freunden und Kollegen bekommen: vor allem bei der Umsetzung meiner Idee, sprich Ladenrenovierung, Hilfe beim Aufbau des Bestands durch Lagermöglichkeiten und Transport. Von mir angesprochene Kollegen haben mir bereitwillig Fragen beantwortet, etwa in Bezug auf Online-Handel, Steuern, AGB usw. Bei anderen bürokratischen Dingen war ich auf mich selbst gestellt. Das größte Problem stellte die Finanzierung dar, weil die Banken die Branche überhaupt nicht kennen und alles in die Kategorie "Gebrauchtbuchhandel" packen; in deren Augen ein Markt mit geringen Margen und wenig Entwicklungspotential. Mein Konzept haben die zuständigen Menschen nicht einmal gelesen. Vor allem mache ich seit drei Jahren die Erfahrung, dass die Zeit immer nicht reicht, für alles das, was man schaffen möchte und bewerkstelligen muss.

Welche Form zusätzlicher Unterstützung hätten Sie sich als Firmengründerin gewünscht? Gibt es etwas, was Sie Kolleginnen und Kollegen mit Überlegungen Richtung Selbständigkeit raten würden?

Da hätte ich mir Unterstützung in Form eines entsprechenden Bankkredits gewünscht, den ich trotz Businessplan und Tragfähigkeitszertifikat nicht erhalten habe. Das machte den Start ziemlich schwierig – das Geschäft musste sich von Anfang an quasi selbst finanzieren, und das mit einem kleinen Bestand an Ware im höheren Preisbereich, wie man sich denken kann.

Wichtig sind eine gute Vernetzung und der Mut, Menschen anzusprechen und auch einmal um Hilfe zu bitten – sei es bei der Organisation, bei der Akquise, bei Ankäufen. Unterstützende Beratung gibt es zum Beispiel auch bei der IHK – was kaum jemand nutzt (oder weiß?). Mir war es wichtig, dass ich schnell die Möglichkeit bekomme, meiner Qualifikation und Passion entsprechend schöne und rare Ware anbieten zu können. Auch aus diesem Grund habe ich recht rege den Kontakt zu Kollegen gesucht.

Für das Wichtigste halte ich, unabhängig von der Branche, dass man sich vor einer solchen Unternehmung klarmacht, was alles dazugehört. Und sich selbst gegenüber ehrlich ist, wenn man sich fragt, ob man das alles wirklich schaffen kann. Da ich seit zweieinhalb Jahren eine Gründer-Gruppe mit wechselnden Teilnehmern in meinem Laden beherberge, habe ich schon öfter gesehen, dass das von manchen sehr unterschätzt wird.

Welche Rolle spielt der Standort Kiel für Ihr Antiquariat?

Der Standort Kiel ist relativ problematisch – sowohl was den Ankauf als auch den Verkauf betrifft. Zwar muss man sich den "Kuchen" mit nur wenigen Mitbewerbern teilen, aber es gibt in ganz Schleswig-Holstein bei weitem nicht einen so lebhaften Markt wie beispielsweise in Süddeutschland, Hamburg oder Berlin. Auch wenn wir in der Landeshauptstadt leben, ist es doch eher provinziell (die Kieler nennen ihre Stadt liebevoll "Landeshauptdorf"), und man muss sich schon einiges einfallen lassen, um das Kulturinteresse der Leute zu wecken. Als gebürtige Lübeckerin bin ich da aber vielleicht verwöhnt. Kurz gesagt: ohne den Internet-Handel wäre es wohl unmöglich, hier ein Antiquariat zu führen.

Sie nehmen sowohl am Gemeinschaftskatalog 2016 der GIAQ als auch am Katalog "50 online" von Detlef Thursch teil. Welche Schwerpunkte setzen Sie dabei?

Ich bin sehr froh, dass ich die Möglichkeit habe, an beiden Katalogen teilzunehmen. Ich nutze das, um mich noch etwas breiter aufzustellen und neben dem obligatorischen Online-Handel und dem Ladengeschäft weitere Plattformen zu bekommen. Bei meinen Beiträgen gibt es hier keinerlei Überschneidungen, das habe ich bewusst vermieden. Mein Angebot habe ich so ausgewählt, wie ich denke, dass es mein Spektrum einigermaßen repräsentiert – sowohl, was meine Themenschwerpunkte, als auch die Preisspanne anbelangt, soweit es die Kürze der Beiträge zulässt. Denn es wird ja für viele Katalogleser das erste Mal sein, dass sie meinen Namen und die Firma Antiquariat Diderot vor sich sehen.

Bislang waren Sie als Ausstellerin nur auf den Hamburger Verkaufsveranstaltungen zu finden – kämen für Sie andere Messen in Frage?

Was die Messen angeht, gilt eigentlich das gleiche, wie für die Kataloge – sie sind weitere Möglichkeiten, meine Waren anzubieten. Und auch hier bin ich froh und dankbar, dass ich überhaupt dabei sein kann (vor allem in Altona, wofür die Kollegen mich bereits in meinem ersten Jahr angesprochen haben, weil einige mich aus meiner bisherigen Tätigkeit bei Schramm kannten). Darüber hinaus nutze ich sie selbstredend für die Kundenakquise – was natürlich Messen in Standortnähe sinnvoll macht. Nicht zuletzt bleiben Messen ein wichtiger Faktor zur Vernetzung – wo sonst kommt man so gut ins Gespräch mit etlichen erfahrenen Kollegen?

Natürlich wäre ich gern auch bei anderen Messen dabei. Das muss aber wohl noch ein paar Jahre warten, bis ich einen Bestand aufgebaut habe, der die mit einer weiteren Reise verbundenen Kosten rechtfertigt.

Welche Pläne haben Sie für Ihr Antiquariat in den kommenden Jahren? Wohin wollen Sie sich entwickeln?

Ich möchte die Qualität meines Bestands stetig verbessern, an Antiquariatsmessen und Gemeinschaftskatalogen teilnehmen beziehungsweise irgendwann auch in guter alter Manier eigene Kataloge machen und mich so langsam etablieren. Was mein Ladengeschäft angeht, plane ich, so weiterzumachen, wie bisher, mit zusätzlichen kulturellen Veranstaltungen wie Kunstausstellungen, Lesungen, kleinen Konzerten und mehr.

Die Fragen stellte Björn Biester.