Antiquariatsmessen

Rückblick auf Zürich und Frankfurt

26. Oktober 2012
von Börsenblatt
Zwei Veranstaltungen mit internationalem Anspruch im deutschsprachigen Raum innerhalb von knapp zwei Wochen: Rückblick auf die ILAB-Messe in Zürich und die Frankfurter Antiquariatsmesse in der Buchmesse.

Die 24. Messe der International League of Antiquarian Booksellers (ILAB) im Kongresshaus Zürich (27. bis 30. September) und die 8. Frankfurter Antiquariatsmesse in der Buchmesse (10. bis 14. Oktober 2012) standen sich in diesem Jahr teilweise im Weg. Terminabstimmung, eigentlich naheliegend angesichts der langen Planungsvorläufe? Fehlanzeige. Genutzt hat diese indirekte Konkurrenz (um Aussteller und den einkaufenden internationalen Handel) niemandem.

Insbesondere aus Zürich war nach Messeschluss Unzufriedenheit zu vernehmen. Ein zur Eröffnung anwesender Fachbesucher sprach hinterher von einem "Schwanengesang auf die ILAB-Messen". Die deutschsprachige Tagespresse hatte die alle zwei Jahre von einem anderen ILAB-Mitgliedsverband ausgerichtete Veranstaltung (zuletzt 1978 in Zürich) weitgehend ignoriert – in der "Neuen Zürcher Zeitung" war im Vorfeld lediglich eine Notiz erschienen, in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" immerhin ein längerer Bericht von Tilo Richter. Der Besucherzustrom blieb verhalten – und auch die Verbindung mit der Kunst- und Antiquitätenmesse Fine Arts zeitigte nach mehreren Berichten kaum positive Effekte. Der umstrittene Vorabverkauf aus dem Katalog (siehe die Hinweise am Fuß dieses Berichts) sorgte für Irritationen; die Regelung, die zum Fehlen einiger attraktiver Objekte bereits zu Veranstaltungsbeginn führte, war offenbar nicht zu allen der rund 60 Zürich-Aussteller durchgedrungen.

Etwas freundlichere Notizen aus Zürich vermittelt der neue Vorsitzende des Verbands der Antiquare Österreichs, Dieter Tausch, in seinem Bericht: "Die Messe in Zürich war, wie man derzeit so schön euphemistisch sagt, 'durchwachsen'. Und das soll beruhigend sein und darauf hindeuten, dass es immer noch besser ist als 'durchschrumpft'. Eine halboffizielle Nachricht lautet, dass siebzig Prozent der Aussteller zufrieden waren. Wenn man weiß, dass nur drei Viertel den betreffenden Fragebogen ausgefüllt haben, relativiert sich die Aussage. Wohl etwa die Hälfte der Teilnehmer war zufrieden, was kein so schlechter Erfolg der Messe insgesamt gewesen sein dürfte."

Den Publikationszuspruch hält Tausch, der die ILAB seit langem von innen kennt, für zufriedenstellend, ebenso die Verbindung mit der Kunstmesse Fine Arts. Die Messeorganisation durch den Schweizer Verband und mehrere engagierte Kollegen vor Ort war aus Tauschs Sicht professionell. Und schließlich hält Tausch vereinzelte Verkäufe im sechsstelligen Bereich fest, nach seiner Aussage gab es aber auch Aussteller, die in Zürich gar nichts absetzen und keine neuen Sammlerkontakte knüpfen konnten. Angesichts der hohen Teilnahme- und Reisekosten für die Betroffenen ein enttäuschendes Ergebnis.

Austragungsort der nächsten ILAB-Messe (im Herbst 2014) soll Paris sein, für 2016 hat der ungarische Verband Interesse an einer Ausrichtung in Budapest angemeldet.

Frankfurter Antiquariatsmesse

Die Frankfurter Antiquariatsmesse mit 44 Ausstellern aus Deutschland, Österreich, Frankreich, den Niederlanden und den USA – ein leichter Rückgang gegenüber 2011, für den Organisator Detlef Thursch (abooks.de, Lissendorf) auch die vorhergehende ILAB-Messe in Zürich verantwortlich machte – fand in diesem Jahr erstmals in Halle 6.0 der Buchmesse statt. Am Eröffnungstag herrschte dort positive und erwartungsvolle Stimmung, auch der neue Standort in unmittelbarer Nachbarschaft zum großen Konferenzbereich der Literaturagenten aus aller Welt erwies sich als günstig (eine abweichende Einschätzung hierzu und zum Messeereignis insgesamt vermittelt ein stilistisch etwas eigenwilliger Bericht von Frank Werner, Brockhaus Antiquarium, früher selbst Aussteller auf der Frankfurter Antiquariatsmesse). Sogar die kurzfristige Absage eines italienischen Händlers wurde rechtzeitig von Karel Marel (Friedberg in Hessen) kompensiert.

An Verkäufen war im Trubel des ersten Tages einiges zu hören, etwas schwächer waren die anschließenden Tage. Bei Thomas Hatry (Heidelberg) sicherte sich ein Privatsammler im Losverfahren gegen mehrere Konkurrenten einen seltenen Nietzsche-Druck aus dem Katalog. Bei Reiss & Sohn (Königstein im Taunus) gingen Bücher zu den Themen Geografie und Reisen. H. W. Fichter (Frankfurt am Main) konnte ein Aquarell von 1873 von Ludwig Friedrich absetzen, Peter Fritzen (Trier) Ulrich von Richentals 'Das Concilium' in einer unkolorierten sowie einer altkolorierten Ausgabe. Bei Gerhard Gruber (Heilbronn) wurde unter anderem aus dem Katalog ein Album mit circa 2.500 Spitzenmustern verkauft, beim Standnachbarn Richard Husslein (Planegg) ein eigenhändiger Brief Thomas Manns von 1948.

Daniela Kromp (München), erstmals auf einer Antiquariatsmesse vertreten, freute sich über einen Abnehmer für einen Künstlereinband von 1912 (ebenfalls aus dem Katalog). Bei Winfried Kuhn (Berlin) fand ein Anatomie-Atlas von André du Laurens einen neuen Besitzer. Kinderbuchspezialist Hans Lindner (Mainburg) berichtete von einer für ihn durchweg positiv verlaufenen Messe. Das deckt sich mit dem allgemeinen Eindruck, den die Frankfurter Messe in diesem Jahr mehrheitlich hinterlassen hat.

Mittelfristig wären der Frankfurter Antiquariatsmesse vor allem ein professionelleres Marketing und starke Kooperationspartner zu wünschen – der Ausstellerstand sollte zukünftig wieder die Marke von 60 überschreiten (am neuen Standort in Halle 6.0 wäre hierfür ausreichend Platz vorhanden). Warum nicht einmal in ganz neue, auf den ersten Blick vielleicht ungewöhnliche Richtungen denken? Ein Antiquariatsverband mit dem Renommee der ILAB beispielsweise könnte in Frankfurt viel für seine Mitglieder leisten. Für einen wahrhaft internationalen Rahmen einer so beförderten Antiquariatsmesse sorgte in Frankfurt bereits die ungebrochene Anziehungskraft der Buchmesse.
Björn Biester