Auseinandersetzung um Suhrkamp Verlag

Suhrkamp-Streit: Ulla Unseld-Berkéwicz will reden

23. Januar 2013
von Börsenblatt
Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz meldet sich erstmals im Suhrkampstreit zu Wort und kündigt Gespräche mit Minderheitsgesellschafter Hans Barlach an: Gegenüber der „ZEIT“ sagte sie, ihre Seite habe vorgeschlagen, anstehende Gerichtsverfahren „vorerst auszusetzen, um diesen Gesprächen den nötigen Raum zu geben.“
Die Verlegerin räumt öffentlich Fehler ein – und widerspricht Aussagen zu roten Zahlen bei SuhrkampDabei räume sie Verfehlungen ihrerseits bei der umstrittenen Nutzung von Flächen ihrer Villa durch den Verlag ein: „Im Nachhinein gibt es immer Dinge, deren Verlauf man sich anders gewünscht hätte, auch in Bezug auf die Anmietung der Räumlichkeiten in meinem Haus.", teilt die ZEIT in einer Vorabmeldung ihrer Ausgabe Nr. 5 vom 24. Januar mit.

Angesichts des für den 13. Februar geplanten Prozesses in Frankfurt stellt Ulla Unseld-Berkéwicz klar: „Ich bin der festen Überzeugung, dass es keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Auflösung des Verlages gibt." Entschieden wehrt sich Ulla Unseld-Berkéwicz gegen Vorwürfe Hans Barlachs und dementiert Behauptungen über Suhrkamps prekäre ökonomische Lage: „Wir sind wirtschaftlich gesund und praktisch schuldenfrei." Die Forderungen Barlachs, der in den vergangenen sechs Jahren Gewinne in Millionenhöhe aus der Verlagsgruppe gezogen habe, richteten sich daher momentan nicht nur auf ihren Rücktritt: „Sie folgen dem Ziel, maximale Ausschüttungen zu erhalten". Offenbar beabsichtige er, den Verlag zu übernehmen.

Barlach habe Unseld-Berkewicz den Kampf erklärtUlla Unseld-Berkéwicz betont hingegen: „Ich habe niemals ein schlechtes Wort über Herrn Barlach verloren. Das gehört sich nicht. Öffentliche Beleidigungen wie die seinen schaden dem Verlag, und sie schaden mir, noch dazu, wenn sie mit derartigen Falschinformationen einhergehen." Allerdings sei im Rückblick Barlachs Ziel mit seinem Einstieg bei Suhrkamp 2006 klar: „Die Übernahme der Anteile am Verlag war von Anfang an eine Kampfansage an die Verlagsstruktur, aber auch an meine Person, die darauf abzielte, mich zu diffamieren und meine Legitimation infrage zustelle."

Die Verlegerin betrachtet sich als Opfer und signalisiert Entschlossenheit
Verletzt habe sie seit vielen Jahren besonders die „persönliche Delegitimierung" als Verlegerin durch Gegner und Medien: „Das ist perfide, das ist böse." Sie selbst habe für ihre Aufgabe das Opfer gebracht, als Autorin weitgehend auf das Schreiben zu verzichten. Eine Romanfigur sei sie allerdings auch angesichts der Leidensgeschichten nicht, so die ehemalige Schauspielerin: „Aber ich kann Ihnen sagen, welche Rolle von denen, die ich nicht gespielt habe, ich zu meiner Theaterzeit gerne gespielt hätte: Kleists Käthchen von Heilbronn."

Zur jetzigen Lage erklärte Ulla Unseld-Berkéwicz: „Der Verlag ist nicht führungslos und wird es auch nie sein." Die Sorgen der Autoren angesichts des bevorstehenden Prozesses seien aber verständlich: „Die Autoren und die Erben der Autoren haben alle das Recht, ihre Rechte zurückzuziehen, wenn sich die Mehrheitseigentümerschaft ändert oder der Verlag aufgelöst wird, was meines Wissens in der Rechtsgeschichte noch nie vorgekommen ist." Ihr 2002 verstorbener Ehemann und Verleger Siegfried Unseld wäre angesichts der bisherigen Urteile „so fassungslos wie wir und würde wie wir in die Berufung gehen." Für sie selbst käme zum jetzigen Zeitpunkt weder Verkauf noch Rücktritt in Frage: angesichts Suhrkamps guter Gesamtentwicklung „werde ich doch nicht vor einer Hürde, die den gesamten Verlag bedroht, scheuen und ausscheren, ehe sie genommen ist."