Auszeichnungen in der Schweiz

Kanton Bern vergibt sieben Literaturpreise

19. Mai 2016
von Börsenblatt
Das Amt für Kultur des Kantons Bern und die kantonale deutschsprachige Literaturkommission verleihen 2016 sieben Literaturpreise für herausragende literarische Arbeiten − an Martin Bieri, Regina Dürig, Reto Finger, Dagny Gioulami, Meral Kureyshi, Armin Senser und Lorenz Pauli. Die Preisverleihung findet am 14. Juni in Bern statt. Dann werden auch erstmals die Berner Schreibstipendien vergeben.

Die Jury – die deutschsprachige Literaturkommission des Kantons Bern – hat rund 80 Werke von Berner Autorinnen und Autoren besprochen, so die Presseinformation des Kantons. Darunter Bücher aller Gattungen, öffentlich aufgeführte Theaterstücke, Hörbücher und -spiele sowie Spoken-Word-Texte und Audio-CDs. 2016 werden sechs mit je 10.000 Franken dotierte Literaturpreise des Kantons Bern und ein Prix Trouvaille in der Höhe von 3.000 Franken vergeben.

Literaturpreise gehen an:

  • Martin Bieri, für seinen Gedichtband "Europa, Tektonik des Kapitals" (Allitera Verlag). Darin nehme Bieri eine ebenso kritische wie poetische Kartographierung Europas vor. "Mit präzisem Blick reflektiert er architektonisch-ökonomische Zusammenhänge und vermisst unbekanntes lyrisches Terrain von Murmansk bis in die Lorraine", so die Mitteilung. Bieri überzeuge durch seine überraschenden sprachlichen Bilder und die gelungene Überführung der Landschaftslyrik in eine zeitgemässe moderne Form.
  • Regina Dürig, für ihr Jugendbuch "2½ Gespenster" (Beltz & Gelberg). Darin erzähle sie mit Wortwitz vom gespenstigen Auftauchen eines scheinbar herkunftslosen Jungen in Jeans und roten Cowboystiefeln, der sich bei Jonna und ihrer Familie einnistet. Mit seinem ungewöhnlichen Verhalten sorgt er in der Familie für Empörung und Neugier und stellt die Gefühlswelt der Ich-Erzählerin auf den Kopf. So geisterhaft, wie er aufgetaucht ist, verschwindet er wieder und hinterlässt bei Jonna und der Leserschaft einen bleibenden Eindruck.
  • Reto Finger, für sein Stück "Hans im Glück" (S. Fischer). Er verwebe den Grimmschen Märchenstoff mit antiker Dramentheorie und dem Stoff moderner Sagen. Der Protagonist Homo Hans, Ingenieur und Aussteiger, sei eine gelungene Parodie auf "Homo faber" und ein Gegenmodell zum Homo oeconomicus. Dass er im Verlaufe des Stücks immer undichter wird und Wasser verliert, ist ebenso komisch wie metaphernstark. "Hans im Glück" besteche mit witzigen Dialogen und stellt die ernste Frage nach dem Glück, so die Jury.
  • Dagny Gioulami, für ihren Debütroman "Alle Geschichten, die ich kenne" (Weissbooks). In einer knappen Sprache und kunstvollen Dialogen entführe sie ins Reich der Familiengeschichten und der Mythologie. Alles beginnt in einer chemischen Reinigung in Zürich und mit einem zerstörten Hochzeitskleid. Die Ich-Erzählerin schreitet zur Tat, schnappt sich den tätowierten Polizisten und fährt mit ihm zu den schrulligen Tanten und Onkeln in Griechenland: Sie sollen helfen. Nur mit den Schicksalsgöttinnen hat sie nicht gerechnet.
  • Meral Kureyshi, Absolventin des Literaturinstituts in Biel, für ihren Debütroman "Elefanten im Garten" (Limmat). In einer unsentimental poetischen Sprache verknüpfe sie die Trauer um den Tod des Vaters mit dem Verlust der Heimat ihrer Kindheit und dem zähflüssigen Integrationsprozess in die Schweiz. "Die einzelnen Erinnerungsfragmente verweben sich zu einer bildstarken Erzählung über Migration, Erwachsenwerden und das (Wieder-)Finden einer eigenen Sprache", urteilte die Jury.
  • Armin Senser, für seinen Gedichtband "Liebesleben" (Carl Hanser), in dem sich laut Jury Präzision der Gedankenführung und Klarheit der Sprachgestaltung ineinander fügen. Die 39 Gedichte zielten mal auf abstrakte philosophische Fragen, mal gehen sie von konkreten autobiographischen Reminiszenzen aus. Sensers Sprachkunst umfasse die einprägsame Ordnung des Reims ebenso wie die Flüchtigkeit der Alltagssprache, seine Formensprache reiche von der ausgreifenden Langzeile bis zur erzählenden oder dialogischen Miniatur, befand die Literaturkommission.

Der Prix Trouvaille geht an:

  • "Pass auf mich auf!" (Atlantis) von Lorenz Pauli. Darin stürzen sich Juri und Herr Schnippel mutwillig ins Abenteuer des Geschichtenerfindens. Die temporeiche Erzählung von Pauli verbünde sich dabei mit den originellen Illustrationen von Miriam Zedelius und greift mit witzigen Einfällen aus den Seiten hinaus nach den Lesenden. Für die "kluge und kindgerechte Umsetzung dieser metanarrativen Reflexionen in Text und Bild" verleiht die Literaturkommission den Prix Trouvaille.

Die Preisträgerinnen und Preisträger werden an der öffentlichen Preisverleihung am 14. Juni, ab 19.30 Uhr, in der Dampfzentrale Bern gefeiert und stellen die ausgezeichneten Werke in Kurzauftritten vor.

Neu: Die Berner Schreibstipendien

Geehrt werden dann zudem die Empfängerinnen und der Empfänger der Berner Schreibstipendien 2016, die erstmals ausgeschrieben und vergeben wurden: Für ihre aktuellen Schreibprojekte erhalten Bettina Gugger (10.000 Franken), Giuliano Musio (20.000 Franken) und Susanne Schanda (10.000 Franken) je ein Berner Schreibstipendium 2016. Ausserdem finanziert der Kanton ihnen eine professionelle Begleitung für den Schreibprozess im Sinne eines Mentorats oder Coachings und stellt dafür Honorare (2.000 bis 4.000 Franken) zur Verfügung.

Die Ausschreibung der Berner Schreibstipendien 2017 erfolgt Mitte August 2016.