Bargeld abheben in der Buchhandlung

Beispielloser Service

17. März 2016
von Sigrid Rautenberg
Die Sparkasse in Hammerbrücke gibt auf, Bargeld gibt es vor Ort trotzdem weiter – in der Buchhandlung Concepcion Seidel.

Hammerbrücke, Teil der Gemeinde Muldenhammer im Vogtland, hat etwas, das es nirgendwo sonst gibt: eine kleine Buchhandlung, in der man – ähnlich wie bei der großen Lebensmittelkette Rewe – Bargeld bekommt. 
Wegen der Abwanderung aus der Region musste die Sparkasse Vogtland 26 Filialen schließen, eine davon in Hammerbrücke. Obwohl bis Mai noch ein Geldautomat in Betrieb ist, wurde bei Frieder Seidel bereits ein Kartenlesegerät installiert. Der umtriebige Inhaber von Concepcion Seidel kann in dem 1 300-Seelen-Ort natürlich nicht allein vom Handel mit Büchern leben. Er betreibt drei weitere Läden in benachbarten Gemeinden, verkauft neben Büchern auch Bastel- und Schulbedarf, Vogtland-Becher für Touristen, stattet Büros und Betriebe aus und hat einen eigenen Verlag.

Kooperation mit der Sparkasse 
Als Seidel von den Bankschließungen in der Gegend hörte, sprach er sofort seinen Kundenbetreuer an. In drei seiner Läden betreibt Seidel bereits eine Poststelle, da lag es nahe, künftig auch einen Auszahlungsservice anzubieten – und die Sparkasse stimmte zu. "Ein Vertrauensverhältnis gehört schon dazu", sagt Seidel. Schließlich gebe die Sparkasse ja ein ungesichertes Darlehen.
Dafür, dass ausreichend Bargeld vorhanden ist, trägt der Händler selbst die Verantwortung. Bis zu 200 Euro kann er pro Kunde und Tag auszahlen, ein Mindestumsatz, wie ihn etwa Rewe fordert, ist nicht notwendig. Noch sind es wenige, die ­eigens zur Bargeldversorgung zu ihm kommen. "Aber da sind schon Effekte spürbar", beobachtet Seidel.
Wer ebenfalls ein Händlerterminal zur Bargeldauszahlung möchte, braucht einen gewissen Tagesumsatz – der konkrete Betrag kann beim Kreditinstitut erfragt werden. Ein Risiko, durch die erhöhte Bargeldhaltung etwa Opfer eines Überfalls zu werden, sehen weder Frieder Seidel noch die Bankmitarbeiter. Anja Stein von der Pressestelle der Sparkasse Vogtland erklärt: "Die Auszahlung läuft über den Kassenbestand. Damit verringert sich der Bestand an Bargeld, das gegebenenfalls am Ende des Tages eingezahlt werden müsste." Grundsätzlich ist jeder Händler selbst für die Sicherheit verantwortlich.
In vielen ländlichen Gemeinden plant die Sparkasse bereits ähnliche Konzepte, sucht nach Partnerfilialen wie Concepcion Seidel. Als Aufwandsentschädigung gibt es eine Pauschale und einen kleinen Obolus für jede Auszahlung. Die Details sind auch hier bei der Sparkasse zu erfragen, Stein nennt allerdings einen Anhaltspunkt: Eine Tankstelle, die monatlich rund 3 000 Auszahlungen vornehme, erziele dadurch einen kleinen vierstelligen Zuverdienst.
Frieder Seidel denkt erst in zweiter Linie an Zusatzumsatz. Ihm geht es vor allem um mehr Service und höhere Kunden­frequenz – so wie vielen, die Kooperationen mit Sparkassen eingehen. Zum Beispiel im Erzgebirge, wo die Einwohnerzahlen ebenfalls sinken: Laut André Leonhardt, Pressesprecher der Erzgebirgssparkasse, wurden in der Gegend bereits 30 Geschäfte mit Kartenterminals ausgestattet – zumeist in Dörfern mit 300 bis 500 Einwohnern. Bäckereien, Lebensmittelläden und Fleischer seien hier typische Servicepartner, so Leonhardt – Buchhandlungen bislang nicht.

Kontakt zum Ideengeber:

concepcion Seidel OHG

FriederSeidel

(037465) 444 - 0

info@concepcion.de