Birgit Menche über die Rechtslage bei Veranstaltungsfotos

Auf Nummer sicher

21. September 2017
von Börsenblatt
Buchhändler, die bei Veranstaltungen fotografieren und dabei auch Kinder ins Bild rücken, müssen bei der Verbreitung solcher Aufnahmen einiges beachten. Rechtsanwältin Birgit Menche erklärt die Spielregeln.

Buchhandlungen bereichern das kulturelle Leben auf vielfältige Weise. Sie tun dies durch eigene Events, aber auch durch Teilnahme an Veranstaltungen Dritter. Wer Bilder von Veranstaltungen veröffentlichen will, sollte sich mit den rechtlichen Spielregeln vertraut machen, insbesondere mit dem im Kunsturheberrechtsgesetz (KUG) geregelten Recht am eigenen Bild.

Wer Personenaufnahmen verbreiten und veröffentlichen will, braucht dafür grundsätzlich die Erlaubnis der abgelichteten Person. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn auf dem Foto Kinder oder Jugendliche zu sehen sind. Bei Kindern unter sieben sind alleiniger Ansprechpartner die Erziehungsberechtigten. Verfügen Minderjährige über die nötige Reife, muss sowohl eine Einwilligung der Erziehungsberechtigten als auch der Minderjährigen eingeholt werden; im Regelfall ist davon auszugehen, dass die erforderliche Einsichtsfähigkeit ab 14 Jahren erreicht ist.

Eine Einwilligung ist nicht notwendig, wenn die auf dem Foto abgelichtete Person – auch für den engeren Bekanntenkreis – nicht erkennbar ist. Beispiel: Eine Buchhandlung macht Fotos von einer Veranstaltung, auf denen die jugendlichen Teilnehmer nur von hinten zu sehen sind oder sich ein Buch vor das Gesicht halten. Dann liegt in der Regel keine Erkennbarkeit vor. Können die Abgebildeten jedoch anhand anderer Merkmale identifiziert werden, zum Beispiel aufgrund einer besonderen Frisur, so ist die Veröffentlichung erlaubnispflichtig. Die Einwilligung ist nicht formgebunden; sie kann schriftlich, mündlich oder stillschweigend (konkludent) erfolgen. Doch Vorsicht: Nicht jeder Besucher eines Straßenfests, der freundlich in die Kamera lächelt, gibt konkludent sein Einverständnis zu einer Bildveröffentlichung. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte eine schriftliche Einwilligung einholen, verbunden mit dem Hinweis, zu welchem Zweck und in welchem Kontext das Bild genutzt werden soll.

Das KUG hält eine Reihe von Ausnahmen parat, in denen die Einholung einer Einwilligung – trotz Erkennbarkeit – entbehrlich ist:

  • Eine wichtige Fallgruppe sind Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte. Anders als die Bezeichnung vermuten lässt, können unter diesen Begriff auch Ereignisse von nur regionaler oder lokaler Bedeutung fallen, etwa eine Sportveranstaltung, ein Laternenumzug oder ein Straßenfest.
  • Eine weitere Ausnahme bilden Fotos, auf denen die Person nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder einer sonstigen Örtlichkeit erscheint.
  • Eine in der Praxis wichtige Ausnahme sind Bilder von Versammlungen und Aufzügen. Drei Voraussetzungen müssen aber vorliegen: Die Menschen sind zu einem gemeinsamen Zweck zusammengekommen (zum Beispiel Kundgebung, Umzug, Straßenfest). Die Veranstaltung findet in der Öffentlichkeit statt oder wird zumindest von der Öffentlichkeit wahrgenommen. Und schließlich muss die Veranstaltung im Ganzen oder in repräsentativen Ausschnitten wiedergegeben werden; ohne triftigen Grund dürfen einzelne Teilnehmer nicht herausgehoben werden.


Obwohl eine Ausnahme vorliegt, kann eine erlaubnisfreie Veröffentlichung dennoch verboten sein: weil berechtigte Interessen des Abgebildeten, so etwa die Persönlichkeitsrechte eines Kindes, verletzt sind. Ein Verstoß liegt in der Regel auch dann vor, wenn eine Veröffentlichung primär Werbezwecken dient. Beispiel: Wenn die lokale Presse über eine örtliche Veranstaltung berichtet und ihren Bericht mit Fotos anreichert, dann darf sie das in der Regel auch dann erlaubnisfrei tun, wenn auf den Bildern Kinder zu sehen sind. Dies heißt aber noch lange nicht, dass eine Buchhandlung die gleiche Aufnahme, losgelöst vom Ereignis, erlaubnisfrei für eigene Webezwecke verwenden darf.

Apropos Persönlichkeitsrecht: Häufig sind es die Erziehungsberechtigten selbst, die Bilder ihrer Kinder bedenkenlos im Netz hochladen oder auf Facebook posten. Spätestens mit 14 darf der Nachwuchs mitbestimmen und kann die Löschung unerwünschter Fotos verlangen – notfalls auch gegen den Willen der Eltern.