Bitkom-Studie zur E-Book-Nutzung in Deutschland

Der neue Massenmarkt

27. Februar 2015
von Börsenblatt
Die letzte Hürde scheint genommen. „E-Books sind in der breiten Bevölkerung angekommen und haben sich zu einem Massenmarkt entwickelt“, sagt Bitkom-Vizepräsident Achim Berg – er stützt sich dabei auf eine neue Umfrage zur Nutzung von E-Books in Deutschland. boersenblatt.net dokumentiert die Ergebnisse im Überblick.

Was die Deutschen über die Nutzung von digitalen Inhalten denken, wo sie sie einkaufen, ob sie lieber auf E-Readern oder Tablets lesen, wie sich E-Book-Skeptiker charakterisieren? Bitkom wollte es genauer wissen – und beauftragte die Marktforscher von Aris mit einer groß angelegten und repräsentativen Studie. Insgesamt wurden 2.528 Deutsche (ab 14 Jahren) befragt, 539 von ihnen bekamen vertiefende Fragen. Ihre Antworten:

Digital lesen? Pro & Contra

Ein Fünftel (21 Prozent) aller Bundesbürger liest elektronische Bücher (E-Books); betrachte man nur den Teil der Bevölkerung, der Bücher liest (laut Bitkom: 74 Prozent der Bevölkerung), komme man sogar auf eine Quote von 29 Prozent, heißt es in der Auswertung.

E-Book-Skeptiker zeigten sich bei der Umfrage zumeist hartnäckig. 27 Prozent erklärten zwar, dass sie sich durchaus vorstellen könnten, in Zukunft digitale Bücher zu lesen – doch 72 Prozent sagten kategorisch: Nein.

Nach den Gründen befragt, antworteten die Skeptiker: „Ich mag die sinnliche Wahrnehmung von Büchern“ (48 Prozent), „Der Preis für einen E-Reader ist mir zu hoch“ (47 Prozent) und „Ich möchte nicht auf einem Bildschirm/ Display lesen“ (43 Prozent). Andere Argumente, etwa das Thema Angebot/ Auswahl und Formate, spielen für sie offenbar eine eher untergeordnete Rolle: Dass „zu viele unterschiedliche Formate“ gibt, hält 12 Prozent von der E-Book-Nutzung ab, 16 Prozent sind die Geräte zu kompliziert, 27 Prozent meinten, die vorhandene Auswahl sei zu gering. Stichwort E-Book-Preise: Ob und inwiefern sie E-Books (im Vergleich zu Printbüchern) für zu teuer halten, wurde nicht gefragt.

E-Book-Nutzer ficht das nicht weiter an. Sie haben ihre eigenen Argumente, um zu erklären, aus welchem Grund sie gern digital lesen. Am wichtigsten ist ihnen laut Umfrage der Faktor Verfügbarkeit („Wegen der großen Zahl von E-Books, die immer griffbereit sind“, 54 Prozent; „Weil ich mir neuen Lesestoff einfach und schnell beziehen kann“, 53 Prozent). Relevant ist für sie außerdem die Tatsache, dass Digitales weniger wiegt als Gedrucktes (42 Prozent) und die Lesegeräte ihnen Zusatzfunktionen bieten (Übersetzen, Notizen, Markierungen; 41 Prozent). Immerhin jedoch 23 Prozent gaben an, dass sie zum E-Reader auch deshalb greifen, weil sie die „große Anzahl an kostenlos verfügbaren E-Books“ reizt.

Die Qual der Wahl? Welche Lesegeräte die Szene dominieren.

Parallel zur E-Book-Nutzung wächst laut Bitkom auch die Zahl der verfügbaren Lesegeräte – aber das ist bereits seit vergangener Woche bekannt (siehe Archivmeldung: Billig-Tablets bremsen E-Reader aus). Bitkom prognostiziert, dass 2013 rund 8 Millionen Tablets und 832.000 E-Book-Reader in Deutschland verkauft werden.

Achim Berg hält das Rennen zwischen E-Readern und Tablets bereits für entschieden. Seine Prognose: „Tablet Computer werden voraussichtlich das wichtigste Mediengerät – auch für E-Books.“

Nichtsdestotrotz: Desktop-PCs oder Laptops dominieren die Szene nach wie vor (in 77 Prozent aller Fälle), und auch Smartphones werden gern zum Lesen genutzt (58 Prozent). Was aber auch am generellen Procedere liegen könnte: „E-Books werden in den meisten Fällen erst auf den Computer geladen und dann auf ein anderes Lesegerät übertragen“, so Berg. Drei Viertel der sogenannten „Computer-Leser“ lesen ihre E-Books auf mindestens einem weiteren Gerät.

Ruckzuck-Download direkt aufs Gerät? Woher E-Book-Nutzer ihren Lesestoff beziehen. 

Ist ein Shop auf dem Lesegerät vorinstalliert, bedeutet das nicht automatisch, dass sein Besitzer auch bevorzugt auf diesem Weg einkauft: Das tut lediglich knapp ein Fünftel aller E-Book-Leser (18 Prozent). In der Regel werden die Websiten von Onlinebuchshops für den Einkauf genutzt (von 62 Prozent), wobei folgende Händler laut Umfrage derzeit die Nase vorn haben: Amazon, Thalia.de oder Ebook.de

Aber auch der Direktvertrieb scheint sich zu entwickeln: 8 Prozent der E-Book-Nutzer kaufen direkt bei Autoren ein - 6 Prozent über die Webseiten der Verlage.

Digitale Inhalte auszuleihen (anstatt zu kaufen) findet Zuspruch – knapp die Hälfte der E-Book-Leser (49 Prozent) haben Interesse an Alternativen zum Kauf, nutzen dafür vor allem die Onleihe der öffentlichen Bibliotheken (17 Prozent) und Angebote wie das Projekt Gutenberg (15 Prozent). Leihangebote kommerzieller Anbieter liegen in der Gunst jedoch fast gleichauf (15 Prozent). 

Stichwort Piraterie: Auf die Frage, ob sie sich auch auf illegalen Wegen auf die Suche nach digitalem Lesestoff machen, antworteten die meisten Umfrageteilnehmer freimütig mit: nein („Das habe ich noch nie gemacht“, 66 Prozent). Dem gegenüber stehen 2 Prozent, die sich E-Books regelmäßig illegal besorgen – und 4 Prozent, die das selten tun. Allerdings: 26 Prozent wollten sich dazu gar nicht äußern, antworteten: „Das bleibt mein Geheimnis“.  

Wer liest was? Erkenntnisse zum Leseverhalten.

Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind eher marginal. 21 Prozent der Frauen nutzen E-Books, bei den Männern sind es 22 Prozent. 

Auch das Alter ist offenbar gar nicht so entscheidend, wie manche bisher dachten: Im Alter von 14 bis 29 Jahren liegt der Anteil der E-Book-Leser bei 25 Prozent, von 30 bis 49 Jahren bei 26 Prozent. Erst danach beginnt die Quote langsam zu bröckeln: In der Altersgruppe von 50 bis 64 Jahren nutzen 19 Prozent E-Books, in der Generation 65 Plus sind es 12 Prozent. Hauptgrund dafür sei die deutlich geringere Internetnutzung in dieser Altersklasse, meint Bitkom.

Wer auf E-Books umschwenkt, liest nicht unbedingt mehr – nur 6 Prozent der Befragten gaben an, jetzt noch häufiger zu lesen als vor der E-Book-Ära. Knapp 9 von 10 sagten, sie würden genauso viel (oder wenig) lesen als zuvor (86 Prozent; Rest: „Ich lese weniger“, 3 Prozent; „Weiß nicht“, 6 Prozent).

Bei den Genres haben die Nutzer einen klaren Favorit: die Belletristik (69 Prozent der gelesenen E-Books). Sachbücher und Ratgeber kommen auf einen Anteil von 34 Prozent, Fachliteratur auf 30 Prozent und Reisebücher auf 28 Prozent.

In den Sparten Kinder- und Jugendbuch sowie Comics haben es die Händler deutlich schwerer, den Absatz in Gang zu bringen: Sie rangieren weit abgeschlagen auf den hinteren Plätzen (Kinder- und Jugendbuch: 9 Prozent; Comics: 7 Prozent).

Online oder stationär? Wie Leser auf Bücher und E-Books aufmerksam werden.

Last but not least ein Blick auf die Erkenntnisse, die die Studie in puncto Marketing hervorgebracht hat. Gefragt wurden sowohl Bücherleser, die das Internet nutzen, als auch E-Book-Leser – und zwar danach, wie sie eigentlich auf Lesestoff aufmerksam werden. Dabei zeigte sich eine hohe Übereinstimmung:

  • Persönliche Empfehlungen von Freunden und Bekannten sind für beide Gruppen das A und O (Bücherleser: 68 Prozent; E-Book-Leser: 65 Prozent).
  • Auf Platz zwei und drei folgen der stationäre Buchhandel (44 Prozent/ 45 Prozent) – und die Kaufempfehlungen von Buchhändlern (29 Prozent/ 30 Prozent).  
  • Entdeckungen in klassischen Medien (Rezensionen) kommt eine ähnliche Bedeutung zu wie dem  Stöbern im Web (18/21 Prozent; 21/21 Prozent).
  • Automatisierte Empfehlungen von Online-Shops finden vor allem E-Book-Leser interessant (25 Prozent;  Bücherleser: 17 Prozent).
  • Die Schlusslichter des Rankings bilden die Optionen „redaktionelle Online-Angebote“ (11/12 Prozent), „soziale Netzwerke“ (11/11 Prozent) und „Werbung in klassischen Medien“ (5/7 Prozent).