Börsenblatt-Diskussion zum E-Book-Pricing

Verlage in der Preisfalle

9. Oktober 2013
von Börsenblatt
Für die Masse der Kunden sind E-Books zu teuer: In weiter entwickelten internationalen Märkten wurde die Rabattschlacht um E-Books längst eröffnet. Was bedeutet das für die deutschen Verlage? Perspektiven wurden beim Börsenblatt-Podium auf der Frankfurter Buchmesse erarbeitet.

Zunächst der Befund:

Mehr als die Hälfte der Verlage verlegt mittlerweile E-Books.Der deutsche E-Book-Markt steht noch am Anfang – mit einem Anteil laut GfK von drei Prozent am deutschen Buchmarkt (2012) ist er aber schon jetzt größer als der Markt für Hörbücher. Belletristik-Verlage machen heute bis zu zehn Prozent ihres Umsatzes bereits digital.Beim Sachbuch und im Ratgeberbereich werden die Verlage hingegen noch durch fehlende Standards ausgebremst.In den USA, wo das das E-Book sich bei einem Drittel am Marktanteil vorerst eingependelt hat, haben sich die Preise für die Digitialisate in den letzten drei Jahren halbiert. Die Rabattschlachten der Onlinegiganten und die Apple-Niederlage im Agency-Streit, das Fehlen einer Buchpreisbindung und eine Verbreitung des Selfpublishing haben die Preise schmelzen lassen.In Deutschland sind seit 2011 die Preise für E-Books um 1 Euro gefallen – im Schnitt kostet ein E-Book hierzulande 8,61 Euro (Hardcover 15,17 Euro).

Damit liegt Deutschland im internationalen Vergleich bei den Kosten für E-Books noch im oberen Drittel, erklärt Johannes Haupt (lesen.net). In England, erklärt Haupt, werden in einem aggressiv geführten Preiskampf E-Books – auch Bestseller - für wenige Cent angeboten. „Diese Preise setzen sich im Bewusstsein der Kunden fest“, glaubt Haupt. Auch wenn es im Verlag „einen Kostenblock gibt, der die Produktion von E-Books fast genauso teuer wie die von E-Books macht“, sei Kunden kaum noch vermittelbar, warum sie für die Lizenzrechte einer Datei fast genauso viel zahlen sollen wie für ein physisches Buch. Auch bei uns lassen Händler und Verlage sich mit „Deals der Woche“ und Preisreduzierungen gerade bei Serien viel einfallen. Rechtssicherheit gibt eine Veröffentlichung der Börsenvereins-Arbeitsgruppe E-Books, die im November veröffentlicht werden und verbindliche Standards definieren soll, was konform mit der Preisbindung ist – und welche Aktionen sich außerhalb des Grauzonenbereichs bewegen, worauf Börsenblatt-Redakteur Michael Roesler-Graichen hinwies.

MVB-Produktmanagerin Sandra Schüssel machte die Probe aufs Exempel: Für die Hälfte des Publikums am Forum Börsenverein, an dem die Zuhörer sogar auf den Gängen standen, sind E-Books zu teuer. Große Publikumsbefragungen der Verbraucherverbände kommen zu einem ähnlichen Schluss.

Wie stellen sich die Verlage Lösungen beim Pricing vor? Diskutiert wurde u.a. das Flatrate-Model, wie es beispielsweise Skoobe bietet. „Hier schreiben alle Akteure noch rote Zahlen“, ist Haupt fest überzeugt. Denn nicht alle Verlage wollen und können bei der Preisstruktur mitziehen. In der Folge ist das Angebot limitiert, für eine beschränkte Auswahl viel zu zahlen, ist aber kaum ein Kunde bereit. Dennoch, glaubt Christian Damke (Geschäftsführer GRIN Verlag), dass das Flatrate-Angebot den Markt ergänzt hat. Damke, der Skoobe vor seinem Wechsel zu GRIN mitaufgebaut hat, verweist auf Parallelen zur physischen Bibliothek: Auch hier zahlten Kunden schließlich für den Zugang, nicht das Einzelmedium.

Ein weiteres Modell ist das Bundling (P-Buch plus Code für ein Gratis E-Book) In Verlagen heiß diskutiert, steckt auch hier der Teufel im Detail. Das Problem, das „holzfreie“ Leser nicht bereit sind für E-Books so viel zu zahlen, wie Verlage es sich wünschen, lässt sich so nicht lösen. „Man muss die Fantasie spielen lassen. Vielleicht werden wir Kundendaten irgendwann einmal als Währung nehmen“, orakelte Steffen Meier (Verlag Eugen Ulmer).

In der Vergangenheit immer mal wieder in der Diskussion war die Frage, ob sich mit Werbung in E-Books Geld verdienen lässt, wie es die ersten Paperbacks nach dem Zweiten Weltkrieg vorgemacht hatten. Vielleicht, so das Podium, sei dies noch ansatzweise im Fachbuchbereich vorstellbar, viel Geld ließe sich aber nur mit sich aktualisierender Werbung verdienen – dem stehen nicht grundlos rechtliche Bedenken und der Wunsch der Kunden entgegen, nicht von weiteren Akteuren bei der Lektüre überwacht zu werden. Vielleicht wird sich auch die Prognose Haupts erfüllen: Mehr Lesungen und mehr Merchandising könnten das Buch als Beginn, nicht Ende der Wertschöpfungskette sehen.

Patentlösungen, so viel wurde deutlich, hat kein Verlag derzeit in der Schublade.