Börsenverein

"Die E-Books haben die Schwelle zur Marktrelevanz überschritten"

4. Juni 2012
von Börsenblatt
„Wir erleben derzeit einen Um- und Aufbruch in der Buchbranche“: Mit diesen Worten stimmte Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, auf das Wirtschaftspressegespräch des Börsenvereins ein.

Rund 20 Journalisten waren ins Haus des Buches nach Frankfurt gekommen, um sich über die neuesten Zahlen der Buchbranche und die Ergebnisse der jüngsten E-Book-Studie zu informieren. Für das Prinzip Buch entstünde im digitalen Zeitalter eine große Chance, da die Verbreitung des Inhalts der Bücher schneller gehe. Etwa bei E-Books, die auch noch mit einem Zusatznutzen versehen werden könnten. Diese Produktform habe ihren Umsatzanteil 2011 verdoppeln können – auf mittlerweile ein Prozent des Buchmarktes. „Die Schwelle zur Marktrelevanz ist damit überschritten“, sagte Skipis. Sichtbar werde dies etwa bei den Umsatzmarken von libreka!. Über die Plattform seien im ersten Quartal 2012 schon nahezu die Einnahmen des gesamten Jahres 2011 erzielt worden, nämlich ca. zwei Millionen Euro. 

Dennoch bleibe das gedruckte Buch nach wie vor das Leitmedium. Der Umsatzrückgang der Branche im Jahr 2011, in Höhe von 1,4 Prozent, beunruhige nicht. „Nach sieben Jahren Wachstum trotz Krise sind jetzt die Spätfolgen der finanziellen Störungen spürbar“, so der Hauptgeschäftsführer. Einen Umbruch der Wertschöpfungskette konstatierte Skipis, erstmalig habe der Anteil des Sortimentsbuchhandels knapp unter 50 Prozent gelegen. Die dort verlorenen Einnahmen fänden sich auf der Habenseite des Internethandels wieder. „Die Buchhandlungen stehen vor großen Herausforderungen“, sagte Skipis. „Es muss ihnen gelingen, die persönliche, qualifizierte Beratung für ein sensibles Gut ins Internet zu übertragen und so die Kunden zu binden.“ Jeder einzelne Sortimenter könne mehr als Amazon insgesamt, „er kann die Welt der Bücher erschließen“. 

Jürgen Horbach, Schatzmeister des Börsenvereins und Wirtschaftssprecher des Verbands, ging auf die Preisentwicklung der Bücher ein. „Leider können oder wollen es Verlage und Buchhandlungen offensichtlich nicht, hartnäckig höhere Preise durchzusetzen. Mit Durchschnittspreisen von 26 Euro (Hardcover) und zwölf Euro (Taschenbuch) „sind Bücher sehr preiswert im Vergleich zu anderen Konsumprodukten“. In Sachen Internethandel wies Horbach darauf hin, dass die Wachstumsrate mit fünf Prozent erstmals nur noch einstellig sei.

Eine erfreuliche Entwicklung habe es bei der Anzahl der Erstauflagen gegeben, sie seien um gut 2.000 auf 82.048 zurückgegangen. „Es ist zu begrüßen, dass in einem nicht wachsenden Markt nun weniger Bücher produziert werden.“ Bei den Lizenzen habe großes Interesse an deutscher Literatur bestanden: 10.716 Erstauflagen fanden den Weg ins Ausland – die meisten nach China, gefolgt von Russland. Die Zahl der eingekauften Lizenzen ist dagegen leicht zurückgegangen von 8.191 auf 8.000.

Steffen Meier, Sprecher des Arbeitskreises elektronisches Publizieren, ging näher auf die Ergebnisse der E-Book-Studie ein. „Die Märkte für digitale Bücher sind jetzt definiert“, sagte Meier. Ob sie einen Hype darstellten, sei dahingestellt. Es lasse sich aber erkennen, dass der E-Book-Markt älter werde, weiblicher und viellesender. In den Verlagen würde derzeit jedenfalls massiv in die digitalen Workflows investiert.