Börsenverein

Mehr Innovationsmut!

31. Mai 2012
von Börsenblatt
Wie sieht sie aus, die Zukunft der Verlage, Buchhandlungen, Bibliotheken? Antworten bündelte der Landesverband Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen am Mittwoch bei seiner Hauptversammlung in der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig.

Müssen wir Bücher "billiger" machen, damit sie sowohl in gedruckter als auch in digitaler Form mehr gelesen werden? Gibt es neue Angebotsformen für Bücher im Zeitalter der sozialen Medien? Mit Antworten auf diese Fragen näherte sich Umbreit-Geschäftsführer Thomas Bez beim Mitgliedertreffen in Leipzig dem Thema seines Vortrags: Der "Zukunft inhabergeführter Verlage und Buchhandlungen".

Bez, der auf einer gemeinsamen Fachgruppensitzung im Vorfeld der Hauptversammlung sprach, schlug einen weiten Bogen – von der hohen Kunst des Buchhandels, Kultur und Wirtschaft erfolgreich zusammenzubringen, bis zur Aufgabe, die Wünsche und Bedürfnisse der Käufer nicht aus den Augen zu verlieren. Es werde immer mehr immer schneller konsumiert, doch bei den privaten Konsumausgaben würden Zeitungen und Bücher zu den Verlierern gehören, rechnete der Zwischenbuchhändler vor. Die Anzahl der Verlage sinke ebenso wie die der Buchhandlungen.

Die Nachfrageseite werde ganz entscheidend vom gesellschaftlichen Umfeld, den verschiedenen Milieus bestimmt, machte Bez deutlich: „Viele Verlage und Buchhandlungen haben sich von der Cover-Gestaltung bis zum Programm bzw. vom Sortiment bis zur Atmosphäre im Laden auf solche Milieus spezialisiert und damit entsprechende Erfolge erzielt.“ Aber, so Bez weiter, selbst wenn das Leseverhalten mit dem Übergang vom gedruckten zum digitalen Verlagserzeugnis bei den Kunden stabil bleiben sollte, werde der Umsatz sinken: Denn der Preis der digitalen Produkte sei niedriger.

Um in der Konkurrenz mit neuen Wettbewerbern, neuen Medien bestehen zu können, empfahl der Umbreit-Chef: „Gehen wir am besten von uns selber aus: Wann bevorzugen wir das gedruckte Medium und wann recherchieren wir lieber in digitalen Medien?"

In der anschließenden Diskussion stellte Bez noch einmal klar, dass die Zukunft nicht darin liege, nur mit Gedrucktem zu handeln. Buchhändler Raimund Müller (Halle) dagegen hat in seiner Stadt erst einen einzigen E-Reader-Nutzer entdeckt, für ihn liegt das Problem eher im Branchenmarketing, das die wichtige Botschaft, Gedrucktes sei wichtig und schön, verbreiten müsse.

Für Sebastian Thiem, Geschäftsführer des Erfurter Sutton Verlags, sind die jetzigen E-Book-Umsätze, "wirklich erst der Anfang. Die optimalen Buchgeräte mit Buchanmutung werden folgen." Beim Leipziger fhl-Verlag kommt dagegen schon jetzt auf drei Bücher ein E-Book, wie Andre Mannchen sagte, in der Hauptsache Krimis. Und Buchhändler Peter Peterknecht (Erfurt) riet den Kollegen, nicht negativ zu denken, sondern die Reader in den Laden zu legen, „dann hat man über das Kundengespräch automatisch eine Bindung.“

Für den Landesverband SaSaThü konnte der Vorsitzende Helmut Stadeler (Verlag Dr. Bussert & Stadeler) ein zufriedenstellendes Resümee des vergangenen Jahres ziehen. Wie vorher schon Thomas Bez brach auch er eine Lanze für das Urheberrecht: „An einer Abschaffung kann keinem gelegen sein, mischen Sie sich ein!“ Außerdem plädierte Stadeler für mehr Innovationsmut der Branche. Er hoffe, dass die geplante Buchmarketing-Kampagne des Börsenvereins schon zum Weihnachtsgeschäft starten könne, wenn die Mitglieder bei der Hauptversammlung des Börsenvereins am 22. Juni in Berlin grünes Licht geben.

An die Mitglieder appellierte er, den Nachwuchs zu fördern: „Bilden Sie aus!“. Schließlich geht es auch darum, potenzielle Nachfolger heranzuziehen. Zum Abschluss der Hauptversammlung wurden die besten Azubis des aktuellen Prüfungsjahrgangs geehrt: Janet Eckert (Freiberg), Sandy Naumann (Leipzig) und Elisabeth Metzig (Freiberg). Alle haben mit der Note 1,0 abgeschlossen.

Zum Ausklang des Treffens hatte die Hausherrin das Wort: Elisabeth Niggemann, Generaldirektorin der Deutschen Nationalbibliothek. Nach einem Blick auf Gründung, Geschichte und Auftrag der Nationalbibliothek zeigte sie auf, das das digitale Zeitalter auch hier längst begonnen hat. Seit 2006 würden digitale Produktionen gesammelt, "unser Sammelauftrag hat sich nicht geändert, aber die Materialien," so Niggemann.

Für die digitalen Medien schaffe man ein Langzeitarchiv mit einer besonderen Nutzungsoberfläche, damit die Inhalte auch dann abrufbar bleiben würden, wenn die ursprüngliche Form nicht mehr hergestellt oder nicht mehr genutzt werden könne. „Alle Bibliotheken machen die Erfahrung, dass jüngere Nutzer nur schwer zu überzeugen sind, wenn sie Material nutzen sollen, das nicht mit einem Klick im Internet verfügbar ist", so Niggemann.


Man müsse verstehen, lernen, sich einlassen, ein Clash mit dem Urheberrecht sei unvermeidbar. Die Generaldirektorin hätte gerne eine „Klarstellung“, was bei der Archivierung erlaubt sei und was nicht: „Vieles fassen wir nicht an, weil Rechtefragen noch ungeklärt sind". Niggemann nannte es einen Jammer, dass alles, was nicht digital verfügbar sei, immer weniger wahrgenommen werde: „Diese Entwicklung geht rasend schnell."