Börsenverein verfasst Stellungnahme

Preisgebundene E-Books

29. September 2008
von Börsenblatt
E-Books, die einem gedruckten Buch im Wesentlichen entsprechen, sind preisgebunden. Diese Ansicht legt der Börsenverein bei der Auslegung des Preisbindungsgesetzes zu Grunde. Das setze zwar keine vollständige Identität der Inhalte voraus, so der Verband, schließe aber beispielsweise die Preisbindungspflicht im Handel mit einzelnen Buchkapiteln aus.
Für die Verlage heißt das: Sie müssen E-Books im Sinne des Gesetzes preisbinden. Im Zweifelsfall wird der Börsenverein über Musterverfahren die Preisbindung bei E-Books gerichtlich durchsetzen. „E-Books sind eine große Chance für den Buchmarkt, denn sie erweitern das Spektrum der Lese- und Arbeitsmöglichkeiten mit Büchern“, so Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins. „Deshalb ist es wichtig, den Umgang mit elektronischen Inhalten klar zu definieren.“ Nicht als E-Book im Sinne des Buchpreisbindungsgesetzes zu verstehen seien beispielsweise Zugriffsberechtigungen auf Online-Datenbanken, Mehrfachnutzungen von Inhalten in Netzwerken und die Online-Nutzung von vernetztem Content. Der Vorstand des Börsenvereins hat die „Stellungnahme zur Preisbindung von E-Books“ erarbeitet, um seinen Mitgliedern Orientierung beim Umgang mit immer stärker nachgefragtem elektronischen Content zu geben. Unbestritten war dabei, dass E-Books preisgebunden sind, definiert werden musste allerdings, was in diesem Kontext unter einem E-Book genau zu verstehen ist. Das Gesetz zur Buchpreisbindung in Deutschland ist am 1. Oktober 2002 in Kraft getreten. Es schreibt fest, dass ein Buch überall in Deutschland zum selben Preis verkauft wird. Diese Ausnahmeregelung hat einen kulturpolitischen Hintergrund: Der Gesetzgeber hat erkannt, dass feste Ladenpreise zum Erhalt einer intakten Buchhandelslandschaft beitragen und Raum für Nischenthemen, Experimente und kulturelle Vielfalt lassen. Bis dahin war die Preisbindung von Büchern und Fachzeitschriften bereits mehr als 100 Jahre in Deutschland über das Sammelreverssystem vertraglich geregelt. Dem Gesetz hatten im Jahr 2002 sämtliche zum damaligen Zeitpunkt im Bundestag vertretenen Parteien zugestimmt. Hier die Stellungnahme des Börsenvereins zur Preisbindung von E-Books im Wortlaut: Sind E-Books nach dem Buchpreisbindungsgesetz preisgebunden? Ja. Bücher im Sinne des Buchpreisbindungsgesetzes sind gemäß § 2 Abs. 1 auch »Produkte, die Bücher, Musiknoten oder kartografische Produkte reproduzieren oder substituieren und bei Würdigung der Gesamtumstände als überwiegend verlags- oder buchhandelstypisch anzusehen sind«. Schon nach dem Wortlaut des Gesetzes ist davon auszugehen, dass die Gerichte den preisungebundenen Handel mit E-Books als Verstoß gegen das Buchpreisbindungsgesetz einstufen werden. Dafür spricht weiterhin, dass sich der Gesetzgeber bei der Formulierung von § 2 Abs. 1 BuchPrG erkennbar von der Entscheidung »NJW CD-ROM« des Bundesgerichtshofs leiten lassen, der schon unter dem bis 2002 gültigen Preisbindungs-Sammelrevers die Preisbindung bestimmter elektronischer Verlagserzeugnisse bejaht hat. Zudem ist unstrittig, dass elektronische Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften preisgebunden werden können. Dies entspricht auch dem Ziel des Buchpreisbindungsgesetzes, die Vielfalt der Produzenten und Anbieter von Büchern zu erhalten. Ohne Preisbindung könnten im Markt für E-Bücher oligopolistische oder gar monopolistische Strukturen entstehen, die sich auf die Vielfältigkeit und Verfügbarkeit des Angebots gedruckter Bücher auswirken würden. Was ist unter einem E-Book im Sinne von § 2 Abs. 1 BuchPrG zu verstehen? Verbindlich entscheiden das die Gerichte. Börsenverein und Preisbindungstreuhänder gehen davon aus, dass sich eine enge Interpretation durchsetzen wird. Preiszubinden sind solche E-Bücher, die einem gedruckten Buch im Wesentlichen entsprechen. Das setzt zwar keine vollständige Identität der Inhalte voraus, schließt aber z.B. die Preisbindungspflicht beim Handel mit einzelnen Buchkapiteln aus. E-Books im Sinne von § 2 Abs. 1 BuchPrG sind beispielsweise in ihrer Gesamtheit zum Download bestimmte oder auf Datenträgern jeglicher Art handelbare Werke, die geeignet sind, in ähnlicher Form genutzt zu werden wie gedruckte Werke. Nicht als E-Book i.S.d. § 2 BuchPrG sind unter anderem zu verstehen · Zugriffsberechtigungen auf Online-Datenbanken, · Mehrfachnutzungen von Inhalten in Netzwerken · Online-Nutzung von vernetztem Content Werden Börsenverein und Preisbindungstreuhänder die Einhaltung der Preisbindung bei elektronischen Büchern durchsetzen? Ja. Sollte sich herausstellen, dass die Marktteilnehmer beim Handel mit E-Books nicht bereits von selbst mit gebundenen Preisen arbeiten, wird der Börsenverein Musterverfahren anstrengen, um die Preisbindung bei E-Books gerichtlich durchsetzen. Der Börsenverein wird bei seinem Vorgehen allerdings berücksichtigen, dass der Rechtsrahmen beim Handel mit elektronischen Verlagserzeugnissen bislang unklar war. So ist der Börsenverein selbst noch vor einigen Jahren zu der vorläufigen Einschätzung gelangt, dass E-Books preisbindungsrechtlich gleich zu behandeln sind wie Hörbücher, d.h. wie diese nicht preiszubinden sind. Diese Beurteilung kann – insbesondere angesichts der inzwischen deutlicher gewordenen Marktverhältnisse – nicht mehr aufrecht erhalten werden. Bei der gerichtlichen Überprüfung soll Verlagen, die seit längerem mit E-Books handeln und bei der Entwicklung ihrer Marketingstrategien die Preisbindungspflicht nicht berücksichtigt haben, für eine zügige Umstellungsphase Vertrauensschutz gewährt werden. Händler, die neu in den Handel mit E-Büchern einsteigen, sollten sich hingegen von Anfang an auf die strikte Beachtung der gebundenen Preise einstellen. Strebt der Börsenverein eine Klarstellung des Buchpreisbindungsgesetzes an? Nein. Grundsätzlich gibt das BuchPrG hinreichend klare Vorgaben zur Preisbindung von E-Books. Der Verband geht davon aus, dass die Gerichte diese im Einzelfall verständig umsetzen werden, so dass keine Notwendigkeit einer grundlegenden Korrektur des Gesetzestextes besteht. Der Börsenverein wird jedoch an den Gesetzgeber herantreten, wenn sich herausstellen sollte, dass sich im Markt nachteilige Strukturen herausbilden.