Börsenverein zum Auftakt der Leipziger Buchmesse

„Der stationäre Buchhandel entwickelt sich zum Vorreiter“

16. Juli 2015
von Börsenblatt
Das Sortiment hat Rückenwind, gewinnt ein neues Selbstverständnis. „Der stationäre Buchhandel entwickelt sich zum Vorreiter und Modell für den gesamten Einzelhandel“, sagte Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, heute zum Auftakt der Leipziger Buchmesse. Was die Entwicklung aus seiner Sicht stört: das geplante Freihandelsabkommen.

Ein neues Selbstverständnis prägt den deutschen Buchhandel zum Auftakt der Leipziger Buchmesse. „Im letzten Jahr konnte der stationäre Buchhandel die langjährige, negative Entwicklung gegenüber dem Online-Buchhandel umkehren“, argumentierte Skipis heute in Leipzig. „Seit zehn Monaten entwickelt sich der Umsatz im Sortimentsbuchhandel besser als der des gesamten Publikumsmarkts, zu dem zusätzlich Online-Buchhandel, Warenhäuser und Bahnhofsbuchhandel gerechnet werden.“

Online-Buchhandel entwickelt sich rückläufig

Das Jahr 2013 endete nach ersten Einschätzungen mit einem Plus von 0,9 Prozent im stationären Buchhandel, der gesamte Publikumsmarkt inklusive Internet und Warenhäuser kam auf eine schwarze Null. Diese Entwicklung setzt sich aus Sicht des Börsenvereins 2014 fort. Mit minus 0,4 Prozent liege der stationäre Buchhandel Anfang März leicht unter Vorjahr, heißt es mit Blick auf die aktuellen Zahlen. „Schaut man auf den gesamten Publikumsmarkt liegt der Rückgang bei minus 2,8 Prozent.“ Im Online-Handel mit Büchern habe sich die Entwicklung zudem umgekehrt – das Segment rutschte letztes Jahr erstmals ins Minus.

Umsatztreiber im stationären Geschäft waren in den ersten Monaten des Jahres die Warengruppen Sachbuch (plus 7,7 Prozent), Ratgeber (plus 6,7 Prozent) und Reisen (plus 6,0 Prozent), weniger erfolgreich waren die Warengruppen Belletristik (minus 6,3 Prozent) und Kinder- und Jugendbücher (minus 2,3 Prozent).

Nachhaltig einkaufen, über alle Kanäle

„Der stationäre Buchhandel entwickelt sich zum Vorreiter und Modell für den gesamten Einzelhandel“, so Alexander Skipis während der Auftakt-Pressekonferenz in Leipzig. „Mit seiner Multi-Channel-Strategie und der starken persönlichen Beratungsleistung trifft der Buchhandel die Bedürfnisse der Kunden wesentlich besser als der reine Online-Handel. Die Investitionen zahlen sich jetzt langsam aus.“ Viele Buchkäufer spürten, dass die Geschäftsmodelle des stationären Buchhandels sehr viel nachhaltiger seien als die globaler Konzerne. Skipis' Fazit: „Mit neuem Selbstbewusstsein gewinnen Buchhändlerinnen und Buchhändler ihre Kunden zurück.“ 

„Vorsicht Buch!“ startet mit neuen Ideen ins zweite Jahr

Dabei könnte auch "Vorsicht Buch!" helfen, Skipis zog für die Buchkampagne „Vorsicht Buch!“ in Leipzig heute - ein Jahr nach dem Start - eine positive Bilanz. „Mit der Kampagne haben wir erreicht, dass das Thema Bücher und Lesen wie nie zuvor in der Öffentlichkeit präsent ist", ist er überzeugt.  "Wichtiges Ziel der Kampagne ist es, den stationären Buchhandel zu stärken“, so Skipis.

Ins zweite Jahr startet „Vorsicht Buch!“ jetzt eine neue Phase - unter dem Slogan „Buchverschenker sind …“ . Passend dazu arrangierte der Börsenverein einen interaktiven Messestand für Leipzig, im Leopardenlook (Glashalle, Stand 5-C501). Hier kann sich jeder fotografieren lassen und sein persönliches Bekenntnis als Buchverschenker ablegen. boersenblatt.net hat in den kommenden Tagen ein Auge drauf.     

Risiken über Risiken: Das Freihandelsabkommen und die Folgen

Die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit den USA beobachte die deutsche Buchbranche indessen mit Sorge, so Skipis heute bei der Eröffnungspressekonferenz in Leipzig. Er mahnte die EU zur Transparenz: „Wir verlangen von der EU, die Geheimniskrämerei zu beenden und offenzulegen, welche konkreten Waren und Dienstleistungen im Bereich Kultur- und Kreativwirtschaft auf der Agenda des Freihandelsabkommens stehen.“

Auch die deutsche Politik will Skipis hier in die Pflicht nehmen. „Die Bundesregierung fordern wir auf, eine umfassende kulturelle Ausnahme nach zu verhandeln.“

Grundsätzlich könne ein solches Abkommen zwar eine gute Sache sein, erklärte Skipis. Für den Buch- und Kulturbereich sehe er aber keine einzige Chance – sondern nur Risiken. „Qualität und Vielfalt der Buchkultur steht auf dem Spiel.“

Von dem für heute angekündigten Treffen zwischen Unterhändlern und Unternehmen in Brüssel erwartet Skipis indessen wenig Substanzielles. „Aus Sicht des Börsenvereins ist das eine Alibiveranstaltung“, sagte er. Im Schnelldurchlauf könnten dort Positionen benannt werden – das sei keine inhaltliche Auseinandersetzung. Skipis: „Der Börsenverein hat deshalb im Vorfeld, wie berichtet, zusätzlich konkrete Fragen eingereicht und erwartet von der Kommission auch konkrete Antworten.“