Börsenverein zur geplanten Urheberrechtsreform in Bildung und Wissenschaft

"Bildung zum Nulltarif können wir uns nicht leisten"

16. Januar 2017
von Börsenblatt
Die Bundesregierung will in diesen Tagen einen Gesetzentwurf für eine Reform des Urheberrechts auf den Weg bringen. Eine Fassung des geplanten "Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetzes" kursiert bereits "geleakt" im Internet. In dem Entwurf sieht die Bundesregierung vor, Werke zur Nutzung in Bildung und Wissenschaft weitgehend aus dem Urheberrecht auszunehmen.

Deutliche Kritik an dem Gesetzentwurf äußert Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins: "Sollte der Gesetzentwurf in dieser Form veröffentlicht werden, ist er kurzsichtig und realitätsfern. Denn Bildung zum Nulltarif kann sich unsere Gesellschaft nicht leisten. Bildung ist Deutschlands wichtigste Ressource. Hochwertige und vielfältige Bildungs- und Wissenschaftsmedien sind die Initialzündung für Wachstum, Wohlstand und Demokratie. Deshalb müssen wir sie stärken statt schwächen." Autoren und Verlage benötigten die wirtschaftlichen Möglichkeiten und Anreize, um ihr Wissen und ihre Erkenntnisse für Studierende und Wissenschaftler veröffentlichen zu können. Diese würden ihnen genommen, wenn ihre Lehrbücher und Publikationen künftig weitgehend kostenfrei vervielfältigt und weitergegeben werden dürfen, so Skipis. "Die Politik schadet damit nicht nur Wissenschaftlern und Verlagen. Sie gefährdet die Qualität und Vielfalt von Bildung und damit die Basis unserer Wissensgesellschaft“, warnt Skipis.

Laut der "geleakten" Fassung des Entwurfs sollen unter anderem individuelle, marktgerechte Lizenzangebote der Verlage bei der Beschaffung von Fach- und Wissenschaftsliteratur durch  Bildungseinrichtungen und Hochschulen keine Rolle mehr spielen. Zudem soll die Vergütung der Urheber künftig ausschließlich pauschal und nicht werkbezogen erfolgen. Dadurch erhielten Autoren und Verlage künftig keine angemessene Vergütung mehr für ihre Leistungen. Die wirtschaftliche Grundlage vieler, gerade kleiner Verlage bräche weg. In der Folge würden Wissenschaftler keine professionellen Partner mehr finden, um ihre Erkenntnisse zu publizieren.

Sobald der Gesetzentwurf offiziell veröffentlicht ist, wird der Börsenverein dazu detailliert Stellung nehmen.