BookExpo America 2014

Amazons Schlagschatten

16. Juli 2015
von Börsenblatt
Im New Yorker Javits Center hat am 28. Mai die BookExpo America (BEA) begonnen, das größte Branchentreffen in den USA. Einer der Schwerpunkte ist in diesem Jahr das Thema Übersetzung. Zahlreiche weitere Konferenzen befassen sich mit E-Book-Abodiensten, der Zukunft des stationären Buchhandels, mit Metadaten – und natürlich mit der Marktdominanz von Amazon.

Wie das Marktforschungsunternehmen Codex Group für den Monat März 2014 ermittelt hat, lag der Anteil Amazons beim Kauf neuer Bücher bezogen auf den US-Gesamtbuchmarkt bei 41 Prozent. Im Online-Buchhandel betrug dieser Anteil – für neue gedruckte und digitale Bücher – im selben Monat 65 Prozent, wie "Publishers Weekly" meldet. Im Geschäft mit E-Books beherrscht Amazon.com in den USA bereits zwei Drittel des Marktes (67 Prozent).

Die Zahlen erklären, weshalb Amazon die Eskalationsschraube im Streit mit der Hachette Book Group um höhere E-Book-Rabatte so weit drehen konnte. Dass sich an der beherrschenden Position mittelfristig etwas ändern könnte, scheint eher unwahrscheinlich zu sein, wenn man der Argumentation Peter Hildick-Smiths, CEO der Codex Group, folgt. Er nannte laut "Publishers Weekly" entscheidende Wettbewerbsvorteile, die Amazon gegenüber stationären Händlern wie Online-Buchhändlern habe: seine Größe, seine Ressourcen und eine sehr heterogene Produktpalette, die es dem Händler erlaubt, Bücher als "Lockvögel" einzusetzen – und dabei die Preise so weit wie möglich nach unten zu drücken. In der Wahrnehmung der Kunden, so Hildick-Smith, gelte Amazon als der günstigste Marktplatz für Bücher.

Der einzige Buchhändler, der in den USA noch über einen nennenswerten Marktanteil bei Print- und E-Books verfügt, ist Barnes & Noble. Neueste Zahlen von Nielsen Market Research zeigen, dass der Online-Buchhandel in den USA weiter an Gewicht zugenommen hat: 41 Prozent aller Buchkäufe (also auch früher erschienene und gebrauchte Bücher) werden online getätigt, und nur noch 22 Prozent in den Buchketten. Der unabhängige Buchhandel, das zeigt eine in "Publishers Weekly" veröffentlichte Grafik, setzt nur drei Prozent aller Bücher um.

Zur Dynamik des E-Commerce habe weniger das E-Book als die Verlagerung von Printkäufen auf Online-Plattformen beigetragen, so Nielsen. Während sich der E-Book-Anteil bei rund 30 Prozent eingependelt habe, würden mehr Kunden gedruckte Bücher auf Online-Plattformen kaufen. Inzwischen würden online ebenso viele Hardcover und Taschenbücher (Trade Paperbacks) verkauft wie in den Filialen der Buchketten.

Nicht ein spezielles Gastland stand dieses Jahr in New York im Fokus, sondern das Thema Übersetzung mit insgesamt 30 Veranstaltungen. Dabei wurde, wie "Publishing Perspectives" berichtet, deutlich, wie schwer es Übersetzungen aus anderen Sprachen im US-Markt immer noch haben. Es sei schwierig, sie zu vermarkten und Zielgruppen für sie zu finden. Meist gelingt nur Bestsellern wie  Stieg Larssons Millennium-Trilogie oder Joël Dickers "Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert" (Piper) der Eintritt in den US-Markt. Besser sieht es hingegen im britischen Buchmarkt aus: Dort seien kürzlich die ersten drei Titel der Top Ten Belletristik der "London Sunday Times" Übersetzungen gewesen.

Die BookExpo läuft noch bis zum 31. Mai, dem Tag für das allgemeine Publikum.