Books at Berlinale

Vom Bestseller zum Blockbuster

17. Februar 2017
von Ines Bachor
Zwölf Bücher rückten bei Books at Berlinale diesmal ins Rampenlicht, doch nicht jedes wird es auf die Leinwand schaffen: Filmproduzenten lieben zwar gute Geschichten, aber sie schauen auch auf den Preis. Ein Bericht aus Berlin – über den langen Weg vom Bestseller zum Blockbuster.

Berlin, 14. Februar 2017. Der überdimensionale rote Bär vorm Eingang des Berliner Abgeordnetenhauses weist den Weg. Roter Teppich auf weißem Marmorboden – die Eleganz und die feierliche Atmosphäre des internationalen Filmfestivals schwingen mit bei der zwölften Ausgabe von Books at Berlinale mitten im Herzen des Berlinale Co-Production Markets.

Ein auf Filmfestivals selten zu sehendes Objekt springt ins Auge: Ein Bücherregal ragt in der Bühnenmitte empor und kündigt die Stars des Veranstaltungsformats an. Spannende Geschichten mit hohem Verfilmungspotential stehen bei Books at Berlinale im Rampenlicht. In den nächsten drei Stunden dreht sich alles darum, welche literarischen Werke auf die Leinwand übertragen werden können, gemäß dem Motto "die Geschichte ist stärker als das Format", mit dem Moderatorin Syd Atlas zu Beginn das Publikum einstimmt.

Rund 130 Bücher sind eingereicht worden, zwölf schafften es ins Programm

Rund 130 literarische Stoffe aus 30 Ländern wurden für das diesjährige Programm eingereicht. Books at Berlinale, eine Pitchveranstaltung, bei der Verleger, Agenten und Rechteinhaber Bücher mit Verfilmungspotenzial vorstellen, wird seit 2006 von der Berlinale in Kooperation mit der Frankfurter Buchmesse organisiert. "Die eingereichten Titel sollten Neuerscheinungen sein", erklärt Kathrin Grün, Leiterin der Kommunikationsabteilung der Frankfurter Buchmesse, das Auswahlverfahren. "Bestseller wecken in der Regel Begehrlichkeiten bei den Produzenten. Ausschlaggebend sind aber letztendlich die Qualität der Story und überzeugende Protagonisten – siehe 'Hool' von Philipp Winkler. Seine Agentin Elisabeth Ruge hat seit der Präsentation bei Books at Berlinale 2016 mit über 20 Produktionsfirmen gesprochen."

"Auf eine relevante Auswahl kommt es an", bestätigt Filmproduzentin Constance Cardon vom französischen Studio Kremlin. Zwölf internationale Romane, die unterschiedlicher nicht sein könnten, haben es in die diesjährige Endauswahl geschafft (Übersicht im Archiv: Revue für Filmstoffe).

In zehnminütigen Gesprächen mit der Moderatorin werden diese auf der Bühne von Literaturagenten und Rechtemanagern von Verlagen vorgestellt. Die Bandbreite: Science Fiction, historisches Drama, Thriller – alles ist dabei. So vielfältig wie die literarischen Genres sind auch die Themen: Vom Bienensterben über Nazi-Mikrokosmen in amerikanischen Gefangenenlagern bis hin zu quirligen Maskottchen, die die Welt retten.

Zwischen Aufwand und Ertrag: Über die Kosten der Fantasie

Der Saal ist bis zum letzten Platz gefüllt. Aufmerksam verfolgen die rund 150 anwesenden Filmproduzenten das Geschehen auf der Bühne. Bewegende Schicksale wie die Geschichte der bisher wenig bekannten Tochter des Schriftstellers James Joyce und der Weg ins brasilianische Exil des Bankiers Hugo Simon zur Zeit des Dritten Reichs werden hier neben die phantastischen Welten des mehrfach prämierten kurdisch-irakischen Schriftstellers Bachtyar Ali und dem titelgebenden, im Reagenzglas entstandenen, rosa Elefanten im neuesten Werk des Schweizer Bestsellerautors Martin Suter gestellt.

Ob der ein oder andere Produzent bereits einen zukünftigen Kassenschlager identifiziert hat? „Eine solche Zukunftslandschaft zu produzieren wäre sehr teuer“, sagt Produzentin Cardon über das Werk "Bienes historie" (The History of Bees) der norwegischen Autorin Maja Lunde – eine Dystopie, die das Verschwinden der Bienen thematisiert. Es wird klar: Was in der Fantasie des Lesers keine Kosten verursacht, muss bei einer Filmadaption nüchtern kalkuliert werden.

Agentin Elisabeth Ruge präsentiert „Ein mögliches Leben“, ein Kriegsdrama

Im Publikum sitzt auch Autor Hannes Köhler und verfolgt gespannt, wie seine Agentin Elisabeth Ruge die cineastischen Qualitäten seines noch nicht veröffentlichten Buches "Ein mögliches Leben" (One Possible Life) herausstellt. Köhlers Buch handelt von deutschen Soldaten, die während des zweiten Weltkriegs Zeit in Kriegsgefangenschaft auf amerikanischen Boden verbracht haben. Beim Schreiben habe er noch nicht an die Möglichkeit einer Verfilmung gedacht, erzählt er. "Insofern war das eine tolle Überraschung und wenn das klappen würde, freue ich mich", sagt er.

Im Anschluss an den Pitch sind die Gespräche zwischen Rechteinhabern und Filmproduzenten in vollem Gange. Visitenkarten wechseln die Besitzer. Nicht nur die Vertreter der Buchbranche sind aus aller Welt angereist. Sarah Lewis von The Artists Partnership aus Großbritannien betont: "Das internationale Publikum ist es, das die Veranstaltung zu etwas Besonderem macht". "Eine tolle Gelegenheit, eine Story in viele Länder zu streuen", bestätigt Amélie Louat vom französischen Verlag Éditions Zulma. Sie hat heute zum ersten Mal bei dem Programm einen Roman vorgestellt, Marcus Maltes "Le Garçon" (The Boy).

Lässt sich ein Erfolg wiederholen? 

Dorien van Londen von der niederländischen Agentur Shared Stories kann bereits auf eine Erfolgsgeschichte zurückblicken: "Vergangenen Freitag war auf der Berlinale die Weltpremiere von Herman Kochs 'The Dinner'", hochkarätig besetzt mit Hollywoodstar Richard Gere. Nun hofft van Londen auf einen ähnlichen Erfolg bei Kochs aktuellem Beststeller "De Greppel" (The Ditch), den sie hier präsentiert.

Das Regal auf der Bühne hat sich inzwischen sichtlich geleert und so mancher Filmproduzent geht am Ende am imposanten roten Bären mit einem Buch unterm Arm vorbei. "Ich hoffe im nächsten Jahr eine von denjenigen auf der Bühne zu sein, die sagen können, dass sie die Filmrechte des Buchs verkauft haben", sagt Amélie Louat. Es bleibt spannend, welche der Geschichten aus dem Bücherregal es auf die große Leinwand schaffen werden.

Ines Bachor, die Autorin des Beitrags, ist Trainee Marketing & Communications bei der Frankfurter Buchmesse.