Buchhändler-Aktion

Schulgeschichten aus Bad Wildbad

18. Oktober 2013
von Börsenblatt
Buchhändlerin Ursula Fuchs macht ihr Sortiment zur Kommunikationszentrale des Ortes. Mit ausgefallenen Schaufensteraktionen rund um den ersten Schultag oder ausgestellten Hochzeitsfotos geht sie auf Tuchfühlung mit ihren Kunden − und baut Schwellenängste in Bad Wildbad ab.

"Die Jacke hat gekratzt, die Frisur sah blöd aus … ihre Einschulung war für viele Leute so ein wichtiger Tag, dass die Empfindungen sogar nach Jahrzehnten noch ganz lebendig sind", staunt Ursula Fuchs. Die Buchhändlerin aus Bad Wildbad im Schwarzwald hat Ende August im Gemeindeblatt einen Aufruf gestartet: "Suche Einschulungsfotos für Schaufenster­aktion". Über 30 Bilder hat sie bereits erhalten, und damit auch all die Geschichten, die hinter den Fotos stehen und sich über mehrere Generationen ziehen. 

"Ich habe die Herzen erreicht"

Das älteste Bild ist von 1914, die meisten Aufnahmen stammen aus den 30er Jahren bis heute. Die ge­rahmten Porträts sind nun im Fens­ter zu sehen und der Hingucker schlechthin. "Die Resonanz ist riesig, jeder hält Ausschau nach Bekannten und die Aktion bietet unendlich viele Anknüpfungspunkte für Gespräche", berichtet Ursula Fuchs, die vor vier Jahren ihr 50 Quadratmeter großes Sortiment eröffnet hat und seither mit außergewöhnlichen Ideen für sich und das Lesen trommelt. Dabei setzt sie gern auf visuelle Reize: "Der absolute Türöffner war im vergangenen Jahr eine Schaufensteraktion mit Hochzeitsfotos", erzählt Fuchs. "Die Leute standen in Heerscharen vorm Fenster und mir wurde klar: Ich habe die Herzen erreicht." Für die Buchhändlerin steht fest, dass es in dem Ort, der samt Eingemeindungen rund 9.000 Seelen zählt, nur über die persönliche Ebene gehen kann: "Eine Buchhandlung im Dorf hat auch eine Tante-Emma-Funktion, sie ist so etwas wie eine Kommunikationszentrale."

"Man muss die Leute einbinden"

Die Fotoaktionen zeigen mit wenig Aufwand große Wirkung: Sie bringen die Buchhandlung ins Gespräch, bauen eine Verbindung auf, schaffen Vertrauen und locken die Menschen aus der Reserve. "Man muss die Leute einbinden", lautet Fuchs’ Erfolgsrezept. So kommt es, dass mehrere ihrer Kunden nicht nur Fotos, sondern auch gleich Schultüten "von damals" mitgebracht haben, die jetzt neben Büchern und Non-Books im Schaufenster zu sehen sind.

"Durch gelungene Aktionen gewinne ich neue Kunden und gleichzeitig auch Ideen für weitere Projekte. Zum Beispiel hat mir gerade jemand alte Postkarten zum Ausstellen angeboten", freut sich die Buchhändlerin, die mit den Fotoaktionen auch dazu beitragen möchte, dass sich die Einwohner von Bad Wildbad wieder stärker mit ihrem Heimatort identifizieren. "Die Leute sollen wieder ein positiveres Bewusstsein für ihren Ort kriegen, für die Schönheiten und Potenziale direkt vor ihrer Haustür. Davon können wir letztlich alle profitieren."

cb

 

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