Buchhandel

Wohin die Reise geht

19. Oktober 2008
von Börsenblatt
Auspacken, einräumen, fertig: Sieht so die Zukunft im Buchhandel aus? Treibt der Strukturwandel die Unabhängigen tatsächlich ins Aus – oder gibt es Alternativen? Darüber diskutierten gestern drei Buchhändler bei einer Veranstaltung des Sortimenter-Ausschusses des Börsenvereins in Halle 4.
Der Strukturwandel ist seit Jahren ein Dauerthema. Längst knarrt es überall, und doch wird das scheinbar vielerorts gern überhört. Manfred Keiper zumindest, Inhaber von die andere Buchhandlung in Rostock, sieht für die Hälfte der heute bundesweit existierenden unabhängigen Sortimente schwarz. In den nächsten Jahren würden Kleinbuchhandlungen reihenweise verschwinden, meinte er. Sein Appell: „Wir müssen raus aus unseren Puschen und verrückt sein danach, Bücher zu verkaufen.“ Ohne das eigene Bewusstsein neu zu justieren, könne keiner überleben. Was er damit meinte? Keiper nannte ein Beispiel: „Wenn ein Kunde nach einem Roman fragt und ihm der Buchhändler diesen dann mit dem Hinweis überreicht, dass der Titel nächsten Monat als Taschenbuch erscheint, ist das ein völlig falsches Signal.“ Buchhändler würden mit Büchern umgehen, als seien sie „Ramschware“ – also selbst den Wert drücken. Keiper erntete damit Zustimmung. Auch Volker Behrens (Buchladen am Markt, Offenbach), der neben ihm auf dem Podium saß, nickte heftig. „Wir verkaufen ein hochwertiges Produkt“, sagte er – und mahnte gleichzeitig mehr Selbstbewusstsein an: Keiner solle sich von den Großen verrückt machen lassen, auch wenn diese „durch scheinbare Schnäppchen die Buchpreise kaputt machen“ würden. Dritter in der Runde war Dietrich zu Klampen, Verleger (zu Klampen!) und Buchhändler (Uni-Buch, Lüneburg) in einer Person. Er drehte die Diskussion weiter, in dem er nach dem Wie (verkaufen wir?) das Was ins Rampenlicht rückte. zu Klampen: „Wir müssen die Kunst der Kundenführung und Beratung deutlicher nach vorne bringen, und gleichzeitig das Profil mehr herausstreichen.“ Das werde künftig der einzige Weg sein, um noch weiterzukommen. „Wenn sich schon Ketten wie die Mayersche mit besonderen Büchern profilieren wollen, sieht man wohin die Reise geht.“ Bei aller Krisenstimmung sei jedoch eines klar: „Wo es eine Krise gibt, gibt es immer auch Chancen, sich zu profilieren.“ Für den unabhängigen Buchhandel steht also viel auf dem Spiel. Und mehr noch: Auch das Berufsbild an sich würde wackeln und an Bedeutung verlieren, betonten die Drei unisono. Dabei brauche die Branche „wachsame und kluge Buchhändler“, so zu Klampen. „In kleinen Buchhandlungen wird man sie nie ersetzen können.“ Und die Großen? Sie stünden unter dem Verdacht, nur noch Handlanger des Geistes zu beschäftigen – was jedoch bei genauerer Betrachtung Quatsch sei, so die Diskutanten. „Der Trend zur Dequalifizierung ist da“, so etwa Behrens, der sich ehrenamtlich in Sachen Berufsausbildung seit Jahren engagiert. Regalauffüller, Verkäufer, Buchhändler: Künftig werde es immer stärker auf dieses Ranking der Stellenprofile hinauslaufen. Was jedoch nicht automatisch dazu führen solle, die Inhalte der Berufsausbildung einzudampfen. Behrens: „Die Ausbildung muss weiterhin breit angelegt sein.“ Am Ende der Veranstaltung, die überschrieben war mit dem Titel „Von Thunfischdosen und aussterbenden Buchhändlern“, konnten zwar alle wieder auf-, aber längst nicht durchatmen. Der Beruf des Buchhändlers, so das Fazit, sterbe nicht aus. Buchhändler blieben auch in Zukunft als Kulturvermittler wichtig – allerdings unter anderen Vorzeichen. Moderiert wurde die Diskussion von Bernhard Rieger von der Initiative ProBuch München; die Initiative setzte damit ihre bereits seit Jahresanfang laufenden Gesprächsrunden zur Zukunft des Buchhandels fort.