Buchladen 24 schließt in Haldensleben

"Alles für die Kundenbindung getan, was möglich ist"

14. April 2015
von Börsenblatt
Wenn sein Auszubildender Ende Mai die Prüfungen abgeschlossen hat, will Buchhändler Stefan Rost seinen Buchladen 24 nach einem Räumungsverkauf schließen. Die Gründe für das Aus sind vielfältig, vor allem hat ein dramatischer Rückgang der Kundenfrequenz für anhaltende Umsatzeinbußen gesorgt.

Vor zehn Jahren hatte Stefan Rost die an einer Einkaufsgalerie gelegene Buchhandlung übernommen, 110 Quadratmeter in guter Lauflage. „Von 2005 bis 2011 konnte ich den Umsatz mehr als verdoppeln", blickt Rost zurück. Es waren die goldenen Jahre des Buchladens 24 in Haldensleben (Sachsen-Anhalt).

Im folgenden Jahr brach der Umsatz dramatisch ein. „Das Weihnachtsgeschäft 2012 war eine Katastrophe", erinnert sich Rost. Nachträglich hätten ihm viele Kunden erklärt, sie hätten E-Reader geschenkt bekommen, die große Zeit der Lesegeräte war angebrochen. „Gerade die älteren Kunden sind auf das iPad umgestiegen", so der Buchhändler. Ist die Kreditkarte einmal hinterlegt, ist der Onlinekauf für Senioren sehr bequem. Diese wichtigen Kunden waren für Rost verloren.

Mit 8.000 Titeln auf Lager ist der Buchladen 24 für seine Größe gut sortiert. Vor Ort gibt es nach Auskunft des Inhabers kein größeres Buchsortiment. Die große Auswahl, aus Sicht des Händlers gebundenes Kapital, wurde plötzlich vom Vorteil zum Problem: „Der Abverkauf an Bestellungen hat sich in den letzten Jahren massiv erhöht", so Rost. Seine Kunden kamen vor allem mit Bestellungen zu ihm, bei denen sie selbst nicht weiter kamen, Besorgungstitel aus dem Ausland, antiquarische Bücher: Viel Aufwand, kaum Gewinn.

Der Abwärtstrend habe sich verfestigt, als der Vermieter der nahegelegenen Einkaufspassage eine Schranke für den Parkplatz aufgestellt hat. Für 1 Euro pro Stunde wollte in Haldensleben niemand parken, die Autofahrer legten noch vor der Schranke den Rückwärtsgang ein und kamen auch nicht wieder, als die Parkgebühren in mehreren Etappen gesenkt und die Schranke schließlich wieder demontiert wurde. Einer REWE-Filiale soll durch die Schranke der Umsatz im sechsstelligen Bereich eingebrochen sein – im Monat, ist dem Buchhändler zu Ohren gekommen. „Inzwischen ist REWE ausgezogen und Edeka eingezogen. Es gibt aber größere Edeka-Filialen vor Ort, REWE hat wenigstens mit seinem unterschiedlichen Sortiment Kunden angezogen, jetzt kommen viel weniger Menschen zum Einkaufen hierher", so Rost. Und genau das spüren die Einzelhändler jeden Monat in der Kasse, sagt Rost, der im "Förderrat Innenstadt" engagiert ist.

Stefan Rost hat an seinem Standort „alles ausprobiert, was es an Kundenbindungsmaßnahmen gibt": 380 Veranstaltungen für Kinder in den letzten zehn Jahren, Gutscheinaktionen für die örtlichen Schulen im Rahmen des Vorlesewettbewerbs, neun Lesenächte und vieles mehr. Den Negativtrend konnte er durch Engagement nicht aufhalten: Allein im ersten Quartal dieses Jahres ist der Umsatz um 16 Prozent zurückgegangen. Das Umsatzniveau bewegt sich heute wieder auf dem Niveau zu Zeiten der Übernahme. „Ich kann den Laden nicht mehr wirtschaftlich betreiben", fasst Rost zusammen.

Besonders ärgert den Buchhändler eines: Dass die Verlage Restauflagen als vermeintliche „Mängelexemplare" in den Nebenmärkten verramschen. Beim Gang in den Supermarkt packt den Buchhändler die Wut, wenn er zum Ramschpreis für einen oder zwei Euro tadellose Neuerscheinungen findet. „Sogar ein Bibliothekar hat zu mir gesagt: Ich komme nicht zu dir, weil ich die tadellosen Bücher dort so billig bekomme. Vor allem die Vielleser schauen sich da um." In den letzten Jahren hat Rost über die Preisbindungsbevollmächtigten des Börsenvereins zahlreiche Verlage abgemahnt, ein mühsames Unterfangen.

Seinen Mitarbeitern hat er die Kündigungen ausgesprochen. Am 2. Mai soll der Räumungsverkauf beginnen, Ende Mai, wenn sein Lehrling die Ausbildung beendet hat, will Rost seinen Buchladen 24 schließen. Der Buchhändler schreibt bereits Bewerbungen, „außerhalb der Buchbranche", gibt er zu verstehen.