Buchmarktforschung

Konkurrenz erschwert das Geschäft

3. März 2015
von Börsenblatt
Der scharfe Wettbewerb in der Buchmarktforschung führt zu wachsender Unzufriedenheit bei Verlagen. Hintergrund ist die Konkurrenz der Marktforschungsunternehmen GfK Entertainment und Media Control.

Beide Häuser bemühen sich jeweils um ein möglichst aussagekräftiges Panel für die Erhebung von Buchverkaufsdaten. In dem Zuge hat Media Control, was Eingeweihte bereits auf der Frankfurter Buchmesse zu wissen schienen, offenbar einen Exklusivvertrag für die Lieferung von Verkaufsdaten mit Thalia abgeschlossen. Angeblich hat dieser Vertrag eine Laufzeit von drei Jahren; Thalia soll ihn sich, so hört man übereinstimmend aus mehreren großen Verlagen, stattlich vergüten lassen. Der Entscheidung sei ein Pitch vorausgegangen, bei dem GfK schließlich unterlegen war.

Von dem Hagener Buchhändler gab es auf Anfrage heute weder eine Bestätigung noch ein Dementi. Man wolle, wie bereits in der Vergangenheit, sich nicht öffentlich dazu äußern, welche Informationen Thalia welchen Marktforschungsinstituten zur Verfügung stellt. Auf der anderen Seite verfügt GfK Entertainment weiterhin nicht nur über das breitere Panel, sondern einem stets unwidersprochenen Branchengerücht zufolge exklusiv über die Amazon-Daten (mit Ausnahme der E-Book-Verkäufe).

Heute nun meldet die eBuch GmbH & Co. KG, die das Zentrallager ANABEL für die in der Genossenschaft organisierten Buchhändler betreibt, man habe ein Abkommen zum Datenaustausch zwischen dem Projekt „geniallokal“ und Media Control getroffen. Als Hauptgrund für diese Entscheidung gibt die Geschäftsführung der eBuch  GmbH an, man benötige „die getrennte Darstellung von stationären und Online-Versandumsätzen“. Eine Vermischung der Umsätze gebe ein zu wenig differenziertes Bild. Insbesondere könnten die eBuch-Händler ohne eine getrennte Ausweisung der Umsätze nicht zwischen regionalen Informationen (stationäre Daten) und allgemeinen Trendsettern (Online-Daten) unterscheiden.

Allerdings besteht auch ein Vertrag zwischen GfK Entertainment und der eBuch eG, wonach weit mehr als 300 Buchhändler Verkaufszahlen an GfK liefern. Dieser Vertrag läuft frühestens Ende 2016 aus. Noch auf der Frankfurter Buchmesse haben sich GfK und eBuch ihres wechselseitigen Interesses an einer langfristigen Partnerschaft versichert. eBuch eG-Vorstand Lorenz Borsche macht keinen Hehl daraus, worum es den Buchhandelsgenossen langfristig geht: „Wir haben erhebliche Aufwendungen für die Datenlieferung“, erläutert er. Allein die Anonymisierung koste die eBuch im Jahr einen „hoch fünfstelligen Betrag“. Die Langfristigkeit der Partnerschaft wird also nur über eine erfolgreiche Preisverhandlung zu haben sein. Bisher, so Borsche, „hängen wir völlig in der Luft“.

Auch mit der immer besser werdenden Qualität des Media-Control-Panels begründet die eBuch GmbH heute ihr Abkommen. Für sie sei es wichtig gewesen, „dass im Panel alle maßgeblichen Lieferanten stationärer Vergleichszahlen, vor allem die großen Filialisten wie Hugendubel, Mayersche, Thalia etc. vertreten sind“. Das „etc.“ im Text der Pressemitteilung bedarf allerdings einer Einschränkung: Die Osiandersche Buchhandlung liefert seit kurzer Zeit exklusiv an GfK. Das bestätigte Osiander-Geschäftsführer Heinrich Riethmüller auf Anfrage. Hugendubel und die Mayersche hingegen haben mit beiden Unternehmen nicht-exklusive Verträge, geben Verkaufsdaten also sowohl an Media Control wie auch an GfK.

Als Vorsteher des Börsenvereins macht Heinrich Riethmüller der sich zuspitzende Wettbewerb um die Lieferanten Sorgen. „Wir sind eindeutig gegen eine Fragmentierung der Buchverkaufsdaten insgesamt. Branchenpolitisch ist das eine Katastrophe.“ Er höre aus den Verlagshäusern auch bereits, dass man sich mit einer absinkenden Datenqualität in keinem Fall zufrieden geben wolle. In der Tat wird verlagsseitig in mehreren großen Unternehmen darüber nachgedacht, vorerst weder von GfK Entertainment noch von Media Control Daten einzukaufen – wegen zu schwacher Aussagekraft.

Damit ergäben sich Folgeprobleme in zwei Richtungen: Während man in den Verlagen die Auflagenplanung und Vermarktung zunehmend eng an Dateninformationen koppelt und so die eigene Entscheidungsqualität verbessern will, wirkt der Wettbewerb der Marktforscher in diesem Punkt kontraproduktiv. Für die Marktforscher wiederum hat eine Zeit hoher Investitionen und steil steigender Einkaufspreise bei zugleich stark gestörtem Datenverkauf begonnen. Dauerhaft hält das kein Unternehmen durch. Es liegt also statt „Win-Win“ eine klassische „Lose-Lose“-Beziehung vor. Konkurrenz belebt hier mal nicht, sondern erschwert das Geschäft. Zumindest vorübergehend. Exklusivität von Lieferverträgen bringt einen Markt von der Größe des Buchmarkts an den Rand seiner Möglichkeiten.

cas