Buchtage Berlin

Start-ups stellen sich vor

15. Juli 2015
von Torsten Casimir
Erst vor wenigen Tagen wurde der Start-up-Club im Börsenverein gegründet – und schon auf den Buchtagen in Berlin fanden einige Gründerideen am Mittwochabend ihr Branchenpublikum. Unter der Moderation von Sobooks-Gründer Sascha Lobo hatten die jungen Firmen sowie einige aktuelle Prototype-Projekte Gelegenheit zu Kurzpräsentationen.

Das Assoziationsfeld, das Dorothee Werner vom Börsenverein eingangs absteckte, ließ keine Zweifel aufkommen an der Programmatik der Idee: Es gehe um „Expedition, Christoph Kolumbus, neue Dimensionen“. Um die Erkundung neuer Wege und das Erreichen neuer Ziele also. Eine Runde von Profis mit Erfahrung im digital publishing gab den Start-up-Kollegen ein Feedback. Eine schöne, wie Dorothee Werner fröhlich zugab, „größenwahnsinnige Frage“ stelle sich an jeden Aufbruch in geschäftliches Neuland: Wie wollt ihr die Welt verändern? Darauf antworte mal einer in drei Minuten! Immerhin, es wurde versucht. Folgende Prototype-Projekte kamen zunächst zur Sprache.

„My Panorama“: Hier geht es darum, sichtbar zu machen, wie Leser mit den E-Books der Verlage umgehen. Wie lesen sie? Worauf reagieren sie mit Zuwendung, worauf mit Ablehnung? Eine „Readmap“ als Ergebnis solcher Analysen soll dann gleichsam das Buch-Panorama abbilden, also seine Höhen und Tiefen. Hinweis aus der Expertenrunde: Tracking sei eine interessante, Einsichten versprechende Methode – werde aber von vielen Nutzern skeptisch gesehen.

Der Prototype mit dem schönen Namen „Bookfairy“ will ein umfassendes Informationsportal für Buchhandlungen werden – Nachfolger des guten alten Vertreters und der gedruckten Vorschauen zugleich, Ratschläge für Verkaufsaktionen inklusive. Expertenfeedback: Wenige verlagsübergreifende Angebote sind jedenfalls besser als viele Einzellösungen.

„MatchUp“, die Idee zu einer Jobbörse, empfiehlt sich als „Partner für innovatives Bewerbungsmanagement“ und ist speziell für die Buch- und Medienbranche gedacht. Bewerber gewichten ihre unterschiedlichen Profilpunkte, daraus entsteht dann eine personalisierte Tag Cloud, die dem Personaler die Qualitäten eines Bewerbers sozusagen kompakt erschließt – auf den ersten Blick.

„Agent me“ ist als eine Plattform zur Vermarktung von Buchrechten gestartet. Die Idee reagiert auf den Umstand, dass mehrere hunderttausend Titel der Weltjahresbuchproduktion auf dem Lizenzmarkt bisher gar nicht vermarktet werden. „Agent me“ will die Chancen für Front- und Backlist fördern und Lizenzeinkäufern ein Instrument zum Sichten und Finden an die Hand geben.

Der Prototype „bookalive“ schließlich wurde propagiert als „die App gegen den Medienbruch“. Um Augmented Reality geht es hier. Der Ehrgeiz dieses Projekts liegt darin, eine App für alle Verlage zu organisieren und damit einen hohen Nutzwert für Leser. Aber wird man, so die besorgte Rückfrage der Experten, genügend Verlage dazu bringen können, dass sie auf ihre individuellen Insellösungen verzichten und kooperieren?

Anschließend gaben vier Start-ups ihre Kurzantworten auf die große Frage, wie sie die (Buch-)Welt verändern wollen.

“Crowdfans” heißt eine Crowdfundingplattform. Derer gibt es inzwischen viele. Der Unterschied zu den anderen: Crowdfans wendet sich speziell an die Buchbranche. Zum Beispiel an einen Autor, der ein Buch geschrieben hat und es nun vermarkten will. Er hat womöglich viele Ideen, viele Fragen, und viel Geldbedarf. Nicht nur für das Buch, auch zum Beispiel für seine Leserreise, für die Hörbuchproduktion, für Alternative Reality Games etc. Auf Crowdfans kann er Unterstützer finden.

Auch die vielen in der Branche schon bekannte Buchentdeckungsplattform Flipintu stellte sich in ihrem Open Beta-Status vor. Open Beta ist nicht nur eine Entschuldigung für einen noch nicht vollends ausgereiften Zustand, sondern bei Flipintu auch als Bitte an die Verlage zu verstehen, auf die Plattform zu gehen und Feedback zu geben.

„Mein-Literaturkreis.de“ ist eine Social-Reading-Idee. Früher nannte man das Literatursalons, heute Literaturkreis. Eine Nische, die Potenzial hat, groß zu werden. In Deutschland schätzen die Betreiber dieses Portals die Zahl auf etwa 30.000 Kreise mit etwa 300.000 Mitgliedern – darunter viele Lesemeinungsführer in ihrem Freundeskreis. Fast nur Frauen allerdings. Die Website versorgt Mitglieder von Literaturkreisen mit nützlichen Tipps und Informationen.

„Snapload“ schließlich bietet E-Book- und Hörbuch-Downloadcards als Geschenkkarten. Eine Prepaid-Variante für den Handel, deren Verbreitung in Deutschland derzeit schon schnell wächst. Der besondere Charme hier: Es handelt sich um titelbezogene Cards. Anders als etwa iTunes-Cards sind also diese Snaploads auch ein Statement des Schenkenden.