Buchtage Leipzig: Interview mit MVB-Chef Ronald Schild

"Es war ein Fehler"

30. Juni 2016
von Börsenblatt
Die Preiserhöhung beim VLB und die Zukunft von buchhandel.de wurden in Leipzig kontrovers diskutiert. Ein Interview mit MVB-Geschäftsführer Ronald Schild.

Die Fachgruppenversammlung der Verlage hat sich mehrheitlich dafür ausgesprochen, die Forderung der IG unabhängige Verlage nach einer Rücknahme der rückwirkenden VLB-Gebührenerhöhung zu unterstützen. Was werden Sie jetzt tun?
Wir haben beschlossen, der Kompromisslinie zu folgen, die sich bereits bei den Buchtagen angedeutet hat. Das heißt, wir setzen die Erhöhung der Titelmelde­gebühren für das laufende Jahr aus, so­dass sie erst ab 2017 gilt. Die angepasste Mindestgebühr und die erweiterten Einstellbedingungen werden wie geplant in diesem Jahr umgesetzt.

Sie hätten doch damit rechnen können, dass die Preiserhöhung auf Unmut stößt, oder?
Wir haben sowohl beim Zeitpunkt als auch bei der Art der Kommunikation einen Fehler gemacht. Die Möglichkeiten der Verlage, sich zur Jahresmitte noch auf steigende Preise einzustellen, selbst wenn die dadurch entstehende absolute Belastung niedrig ausfällt, haben wir falsch eingeschätzt. Das hätte uns nicht passieren dürfen und ich bitte dafür ausdrücklich um Entschuldigung. Wir haben verstanden, dass unsere Vor­gehensweise nicht dem Maß an Kunden­orientierung entspricht, das wir uns zum Ziel gesetzt haben und das wir in vielen Bereichen regelmäßig unter Beweis stellen.

Die Verlage haben auch moniert, dass sie in eine bessere Datenqualität investiert haben und nun durch höhere Gebühren dafür bestraft werden.
Unser Preismodell basiert darauf, Verlage mit guter Datenqualität zu belohnen. Viele Unternehmen haben im vergangenen Jahr dadurch eine spürbare Entlas­tung erfahren und im Vergleich zum Preisniveau von 2011 tun sie das auch mit den angepassten Gebühren. Eine Goldmeldung hat nach der Erhöhung sogar fast den identischen Preis wie 2001. Zudem haben wir unsere Anstrengungen für den Ausbau der Datenqualität außerplanmäßig erhöht. Den gestiegenen Aufwendungen stehen bei fortlaufendem Investitionsbedarf für ein leistungsfähiges VLB also sinkende Einnahmen gegenüber.

Es liegt doch in der Logik des Preismodells, dass die VLB-Einnahmen sinken, wenn die Datenqualität steigt ...
Stimmt, allerdings ist die Datenqualität viel schneller gestiegen als wir angenommen hatten. Zwar haben wir Prognosen erstellt und einen Puffer eingeplant, doch der Anteil von Titeln im Goldstatus ist bereits jetzt so hoch, dass dieser Puffer aufgebraucht ist. Umso wichtiger ist es deshalb, weiterhin in die kontinuierliche Weiterentwicklung der VLB-Systeme investieren zu können, die weitere Effizienzgewinne für alle Beteiligten mit sich bringt. Neben der Anhebung des ONIX-Standards auf die Version 3.0 investieren wir auch in die Anbindung von Verlagsauslieferungen, um die Verlage schnellstmöglich bei der aufwendigen statusrelevanten Bestätigung der Lieferbarkeitsangabe zu entlasten.

Welche Auswirkungen hat die Rücknahme der Preiserhöhung auf die Geschäftslage der MVB?
2016 wird auch für uns ein finanziell hartes Jahr. Das wird sich im Unternehmensergebnis der MVB widerspiegeln.

Nun zu buchhandel.de: Der Beschluss des Börsenvereins-Vorstands, die Weiterführung an Bedingungen (mehr Sortimenter, mehr Provision, Teilnahmegebühr) zu knüpfen, wurde ebenfalls rege diskutiert. Nun hätten die Buchhändler den Schwarzen Peter, weil sie über die Zukunft der Plattform entscheiden sollen, hieß es …
Das ist falsch. Die MVB hat im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Anschubfinanzierung für eine leistungsfähige Plattform eingebracht und mehr als eine Million Euro investiert. Das heißt aber nicht, dass wir buchhandel.de dauerhaft sub­ventionieren können. Wir möchten zumindest die Perspektive haben, das Portal ohne signifikanten Verlust zu betreiben. Daher brauchen wir eine größere Unterstützung durch die Buchhändler.

Wie sieht der Zeitplan aus?
Wir werden den Buchhandel in Kürze über die Vertragsumstellung informieren. Die neuen Konditionen werden zum 1. September in Kraft treten. Damit wir Planungssicherheit erhalten, wer dabei sein wird, möchte ich die Sortimenter bitten, sich schnell zurückzumelden.