China

Vermisster Verleger taucht mit einem Geständnis wieder auf

21. Januar 2016
von Börsenblatt
Seit Oktober verschwanden in Hongkong insgesamt fünf Verleger und Buchhändler, die sich immer wieder regimekritisch äußerten und entsprechende Publikationen veröffentlichten. Nun ist Gui Minhai, 51 Jahre, Verleger und Autor, wieder aufgetaucht und gab im chinesischen Staatssender CCTV eine zweifelhafte Erklärung ab. 

Insgesamt sind seit Oktober fünf Mitarbeiter des Verlags Mighty Current und des dazugehörigen Causeway Bay Bookstores spurlos verschwunden, zuletzt der regimekritische Herausgeber Lee Bo. Das Börsenblatt berichtete. Zuletzt arbeitete man im Verlag an einem Enthüllungsbuch über die angeblich vielen Freundinnen des amtierenden Staatspräsidenten Xi Jinping.

Am Sonntag tauchte einer der Vermissten überraschend wieder auf, ausgerechnet im chinesischen Staatssender CCTV, der die Stimme der kommunistischen Partei ist. Der in Hongkong lebende Gui Minhai, der zuletzt in Thailand in seiner Wohnung in Pattya gesehen wurde, erklärte dort, sich freiwillig in die Hände des chinesischen Sicherheitsapparates begeben zu haben. Grund sei ein Unfall mit Fahrerflucht vor circa zwölf Jahren, bei dem ein Mensch ums Leben kam. 

Im Rahmen dieser Erklärung bat der Regimekritiker mit schwedischer Staatsbürgerschaft – in Schweden hatte er unter anderem im Exil gelebt – um Zurückhaltung der nordeuropäischen Regierung. Gleichzeitig soll er alle Organisationen und auch die Medien aufgefordert haben, seine "persönliche Entscheidung" zu respektieren.

Guis Tochter hegt Medienberichten zufolge große Zweifel an der Freiwilligkeit dieser Aussage und auch die Frau des Herausgebers Lee Bo ist alarmiert. Der hatte am Dienstag ein Fax an seine Frau geschickt, in dem er der "Süddeutschen Zeitung" zufolge angab, bei Untersuchungen zu helfen und sich sogar mit den Beamten angefreundet zu haben. Von den anderen Vermissten fehlt weiterhin jede Spur. 

In Hongkong ist man besorgt. Schon lange fürchtet man eine stete Unterwanderung des Prinzips "Ein Land, zwei Systeme" durch die chinesische Regierung. Bisher gesteht dieses Prinzip der ehemaligen britischen Kronkolonie bis zum Jahr 2047 einen Sonderstatus bezüglich Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu. Chinesische Sicherheitskräfte haben laut Verfassung nicht das Recht dort zu agieren.