Christine Abspacher über die Positionierung von Sachbüchern

Die Quadratur des Kreises

29. Dezember 2016
von Börsenblatt
Das historische Sachbuch so zu positionieren, dass es von einem breiten Publikum goutiert wird – diese Aufgabe ist für Verlage nicht ganz leicht zu lösen. Christiane Abspacher über die Do's and Don'ts.

10,3 Prozent: Nach der Belletristik, Kinder- und ­Jugendliteratur und den Ratgebern hat das Sachbuch den vierthöchsten Anteil am Buchumsatz in Deutschland. Innerhalb dieser Warengruppe entfielen 2015 auf geschichtliche Themen 15,1 Prozent. In diesem Bereich, also bei der Non-­Fiction, geht es um den richtigen Autor, das richtige Thema, den richtigen Zeitpunkt, aber vor allem darum, Inhalte plausibel und verständlich darzulegen. Und zwar in einer Art und Weise, die dem Thema – sei es auch noch so komplex – gerecht wird, ohne zu sehr zu vereinfachen oder den Boden der Tatsachen zu verlassen. Nicht-fiktionale Wissensvermittlung – und dennoch populär, spannend, gut lesbar, unterhaltsam und gut verkäuflich. Ist das die Quadratur des Kreises?

Beim Thema Buch – und nicht nur da – gilt: Wer es jedem recht machen will, der verprellt am Ende alle. Soll das Buch populär und allgemein verständlich sein oder soll es sich an die Fachwelt wenden? Sowohl-als-auch kann hier nicht die Antwort sein.

Den Forschungsstand zusammenzufassen – das gehört freilich dazu, es reicht aber nicht aus. Vielmehr bedarf es einer individuellen, neuen, sich von Konkurrenzpublikationen abhebenden Sicht auf die Thematik mit eigener Gewichtung, stimmiger Analyse und überzeugendem Konzept. Dies gilt insbesondere für Marktsegmente, in denen fleißig publiziert wird, zum Beispiel im Bereich Biografien. Dabei sind auch gewagte Thesen willkommen und können helfen, ein Buch ins Gespräch zu bringen – vorausgesetzt, sie sind überzeugend begründet und es wird deutlich, an welchem Punkt sich Mut­maßungen und Schlussfolgerungen zu den Fakten gesellen, um den Lesern selbst bei dürftiger Faktenlage ein nachvollziehbares Ganzes zu präsentieren.

Bei aller gebotenen Korrektheit gilt es, die nackten Fakten so zu präsentieren, dass der Nicht-Spezialist, das angestrebte "breite Publikum", sich darin wiederfindet, und zwar sowohl inhaltlich als auch sprachlich. Hier kann man sich bei der amerikanischen Non-Fiction einiges abschauen. Geschichte lebt von Geschichten, Personen, Ereignissen, von denen durchaus lebendig erzählt werden muss und darf. Ein Sachbuch ist kein Fachbuch und soll es auch nicht sein.

Umfang, Format, Ausstattung und Innenlayout müssen genauso an Thema und Buchcharakter angepasst werden wie Betitelung und Covergestaltung. Ein unpassender, gar irreführender Titel kann dem Buch genauso schaden wie ein dem Charakter des Buchs nicht entsprechendes, zu "populär" oder zu "wissenschaftlich" daherkommendes Cover: Wenn sich etwas anderes zwischen den Buchdeckeln befindet als das Cover dem Betrachter suggeriert, führt das nicht nur zu Enttäuschung beim Käufer, sondern es verhindert vor allem, dass das Buch von seiner Zielgruppe überhaupt gefunden wird. Gleiches gilt beim Klappentext: Ist der Inhalt kein reißerischer, so sollte der Klappentext es genauso wenig sein.

Eigentlich selbstverständlich, aber … eines sei noch erwähnt.Ein professionelles, gründliches Lektorat scheint bisweilen keine Priorität mehr zu haben – zu Unrecht. Denn inhaltliche und sprachliche Korrektheit sollten nie aus der Mode kommen – insbesondere bei Sachbüchern.