Der neue Sprecherkreis der IG Belletristik und Sachbuch

Eine andere Tiefenschärfe

1. Dezember 2016
von Sabine Cronau
Die AG Publikumsverlage erfindet sich neu: Als IG Belletristik und Sachbuch holt sie den Buchhandel mit an den Tisch. Und setzt ein interessantes Sprechertrio ans Kopfende.

"Die AG Publikumsverlage dient den Entscheidern in den Publikumsverlagen als Jahresauftakt, als Inspirations­quelle und als Basis zur Kontaktpflege. Zudem dient sie unserer Branche als Sprachrohr, als Lobbyinstrument, als Sammelbecken von Ideen und Impulsen": So beschrieben Markus Klose, Peter Kraus vom Cleff und René Strien den Auftrag ihrer Arbeits­gruppe – kurz bevor sie sich im Januar als "die letzten AG-Pub-Mohikaner" nach sechs beziehungsweise acht Jahren Vorstandsarbeit verabschiedeten.

Branchengewicht 
Mit einer "Münchner Erklärung" zum Urheberrecht warf die AG Publikumsverlage damals noch einmal ihr ganzes Branchengewicht in die politische Waagschale: "Wir fordern von der Bundesregierung ein klares, schnellstmöglich umzusetzendes gesetzgeberisches Signal, das den politischen Willen unterstreicht, weiterhin am erfolgreichen System der Verwertungsgesellschaften festzuhalten", hieß es zu Jahres­beginn in der Resolution – die zwar in Berlin durchaus gehört wurde, aber das folgenschwere Urteil des Bundesgerichtshofs zur VG Wort im April nicht verhinderte.

Im Zuge der Verbandsreform ist die AG Publikumsverlage mittlerweile zur spartenübergreifenden Interessengruppe Belletristik und Sachbuch geworden – und die Zukunft der Verwertungsgesellschaften steht, zusammen mit der Lobbyarbeit fürs Urheberrecht, auch bei der ersten Jahrestagung unter neuem Namen ganz oben auf der Agenda (Termin: 12. Januar 2017). Trotzdem wird, bei aller Kontinuität, wohl manches anders werden. Dafür stehen die Buchhändler, die sich jetzt in die Arbeit der gemeinsamen Interessengruppe einbringen können, aber auch die neuen Gesichter an der Spitze der Interessengruppe:

Annette Beetz, seit September 2015 Geschäftsführerin für Marketing und Vertrieb bei der Verlagsgruppe Random House (vorher im Rowohlt Verlag und bei Gräfe und Unzer) bringt Verbandserfahrung mit – als langjährige Vorsitzende des Arbeitskreises Ratgeberverlage (heute: IG Ratgeber). Im Austausch mit dem Buchhandel will sie sich in der neuen IG nicht auf die Konfliktpunkte konzentrieren, sondern "auf die Interessen, die uns verbinden: das Buch und wie wir zukünftig gemeinsam Menschen dafür begeistern. Durch diese schöne Aufgabe im Verband kann ich etwas zurückgeben von der Freude, die ich durch meine Arbeit in dieser Branche immer erfahren habe", so Beetz.

Felicitas von Lovenberg, seit März verlegerische Geschäftsführerin der Bonnier-Tochter Piper und davor Literatur­chefin der "FAZ", ist neu in den Verlegerreihen und damit auch in der Gremienarbeit. Dem Börsenverein ist sie aber schon lange über den Friedenspreis verbunden – als Mitglied im Stiftungsrat und als Laudatorin für Preisträger Liao Yiwu 2012. Durch ihre Aufgabe bei Piper jetzt Teil des Verbands zu werden, sei "unglaublich schön", so von Lovenberg. Seitdem sie von der Journalistin zur Verlegerin, "von der Beobachterin zur Betroffenen" geworden sei, habe sie einen neuen Blick auf die Branche bekommen, den sie auch in die IG einbringen wolle. Vom Austausch mit dem Buchhandel erhofft sie sich "eine andere Tiefenschärfe" in der Analyse branchenrelevanter Fragen.

Andreas Rötzer lenkt seit zwölf Jahren den unabhängigen Verlag Matthes & Seitz Berlin, der unter anderem die Reihe Naturkunden herausgibt und mit Frank Witzel auch einen Träger des Deutschen Buchpreises zu seinen Autoren zählt. Im Börsenverein war Rötzer bislang nicht aktiv: "Der Aufbau des Verlags hat mich in Atem gehalten, da blieb einfach kein Platz für ein Ehrenamt." Inzwischen, sagt Rötzer, sei das anders: "Je länger ich diesen Beruf ausübe, umso stärker ist der Wunsch, Branchenpolitik zu betreiben und auf die Grundstrukturen Einfluss zu nehmen – statt nur zu jammern." In der neuen IG alle Akteure an einen Tisch zu holen und miteinander zu vernetzen – Buchhandel wie Verlage – findet Rötzer nur sinnvoll: "Wir sind schließlich keine Feinde, sondern Partner."

Aufgabe mit Anspruch 
Eine erste To-do-Liste für die neue IG hat der Sprecherkreis zusammengestellt. Vor allem geht es dem Trio um die gemeinsame Basis: das Buch. Gestärkt werden müsse aber auch das Außenbild der Branche, denn das habe unter der Urheberrechtsdebatte ziemlich gelitten: "Verlage werden zunehmend als Verwerter gesehen und müssen um eine andere Wahrnehmung kämpfen", macht Felicitas von Lovenberg deutlich.

Annette Beetz nennt noch weitere Felder, die in der Interessengruppe bestellt werden sollten: Dazu gehört die Botschaft, dass Inhalte ihren Wert haben und Content mehr ist als eine Triebfeder fürs Marketing. Auch um die Sichtbarkeit von Büchern und Autoren, um die Zukunft der Innenstädte und um Führungsthemen soll es gehen.

Auf all diese Fragen künftig spartenübergreifende Antworten zu finden, hält Annette Beetz durchaus für anspruchsvoll: "Schließlich werden wir uns darauf konzentrieren, wie wir die Zukunft gemeinsam gestalten können." Gelegenheit dazu gibt's bei der Jahrestagung am 12. Januar 2017.

Die IG Belletristik und Sachbuch tagt

  • Termin: 12. Januar 2017 ab 9.30 Uhr im Literaturhaus München. Neben Publikumsverlagen ist auch der Buchhandel eingeladen. Am Vorabend, dem 11. Januar, gibt es ab 19 Uhr einen internen Austausch für Verlage im Restaurant Stromberg* KUTCHiiN.
  • Referenten: unter anderen Trendforscher Peter Wippermann
  • Programm: ab Dezember online abrufbar unter www.boersenverein.de/de/158259/
  • Anmeldung: bei Petra Fust vom Börsenverein unter der E-Mail-Adresse fust@boev.de