Von einer „Asymmetrie des Marktes“ sprach Julia Claren, Geschäftsführerin des Kulturkaufhauses Dussmann. Vorangetrieben durch die digitale Entwicklung entstünden immer neue logistische Konzepte, gedacht nicht mehr aus der Perspektive des Produzenten, sondern allein aus der Perspektive des Verkäufers.
„Es fehlen die Rahmenbedingungen, das ist kein ausgewogener Markt“, konstatierte Claren. Die Voraussetzungen für Händler wie Dussmann und Logistikunternehmen wie Amazon seien ungleich. In der gemeinsamen Erklärung, die kurzerhand die Perspektive von Amazon oder Google imaginiert, wird den amerikanischen Unternehmen unterstellt: „Bücher sind nur Mittel zum Zweck.“ Ihr Inhalt und kultureller Wert werde als nebensächlich betrachtet.
Für Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, sind der deutsche und der französische Buchmarkt „vorbildlich“. Den gegenwärtigen Wandel betrachtet Skipis als Herausforderung an Unternehmergeist, aber auch an die Politik, von der er sich hinsichtlich des Urheberrechts im Stich gelassen fühlt („Note 5“). „Mitnichten richtet der Markt alles, zuweilen richtet er eher zugrunde“, attackierte auch er eine Haltung des uneingeschränkten Laissez-faire.
Einigermaßen verloren wirkten die Autoren zwischen den Statements der Lobbyisten. Es war eine andere Perspektive, die etwa Thomas Hettche mit einer Diskussion über die „Zukunft des Buches“ verband. Die Trennlinie verläuft für Hettche nicht zwischen verschiedenen Medien. Für den Schriftsteller steht der Freiheitsbegriff im Zentrum. Auf der einen Seite, verbunden mit Amazon, ein ökonomischer Begriff von Freiheit, der in der Forderung nach ständiger Verfügbarkeit kulminiert, auf der anderen Seite das Buch verstanden als „kostbarer Rückzugsort“, als Medium der Aufklärung.
Aber es waren andere Antworten, die in Berlin gesucht wurden – und deren Adressaten in Brüssel anzutreffen sind. In der gemeinsamen deutsch-französischen Erklärung wurden „Eckpunkte für eine nachhaltige europäische Buchpolitik“ festgehalten:
1. Die Buchpreisbindung ist unantastbar
2. Die reduzierte Mehrwertsteuer ist auch auf elektronische Bücher anzuwenden
3. Wettbewerbsverzerrungen durch Steuervorteile müssten beseitigt werden
4. Kern des europäischen Urheberrechts ist und bleibt das Autorenrecht
Es sind gegenwärtige, drängende Forderungen an die europäischen Politiker, ausgelöst durch den dramatischen Wandel des Buchmarktes. Offenbar unveränderlich ist jedoch, was der Schriftsteller Alberto Manguel („Eine Geschichte des Lesens“) so formulierte: „Wenn der Schriftsteller gelesen wird, lebt er. Wird er nicht gelesen, stirbt er. Das ist die Macht des Lesers.“