Deutschland ist Gastland der Jugendbuchmesse Bologna

"Es lebe die Phantasie!"

5. April 2016
von Börsenblatt
Die Ausstellung der deutschen Illustratoren kann sich im wahrsten Sinne des Wortes sehen lassen: Heute Mittag wurde in Bologna der Auftritt von Deutschland als Ehrengast der Fiera del Libro per Raggazzi offiziell eröffnet. "Wir sind nicht nur Fußballweltmeister, wir sind auch eine große Exportnation – und das gilt nicht nur für Autos und Maschinen, sondern auch für die Kinder- und Jugendliteratur", sagte Staatsminister Michael Roth vom Auswärtigen Amt.

Aus Papprollen, in den Illustratoren in Zeiten analogen Arbeitens ihre Illustrationen an die Verlage zu schicken pflegten (was auch einige durchaus noch tun) waren die Wände gebaut, an denen die Originale von 30 Illustratoren zu sehen waren, dazu Bücher von 55 bereits etablierteren Kinderbuchkünstlern: Der Gesamteindruck war stimmig, dass man durch die Röhren hindurchschauen konnte, vermittelte Transparenz. Deutsche Illustrationen gehen hinaus in die Welt, so die Botschaft, die Bärbel Becker und Imke Buhre von der Frankfurter Buchmesse als Verantwortliche für den Gastlandauftritt vermittelten. 

"Wir sind nicht nur Fußballweltmeister, wir sind auch eine große Exportnation, und das gilt nicht nur für Autos und Maschinen, sondern auch für die Kinder- und Jugendliteratur", sagte Michael Roth, Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, der in seiner Rede bei der Eröffnung des Gastlandauftritts in den Messehallen und verwies auf das Verhältnis von Lizenzverkäufen und auf die noch zahlreicheren Übersetzungen ins Deutsche. "Ob Kinderbücher in andere Sprachen übersetzt werden, hängt maßgeblich auch von den Illustrationen ab.“ Deshalb seien Bilder von so großer Bedeutung, denn in anderen Ländern könnten sie für Respekt und für größeres Verständnis für fremde Kulturen sorgen. „Das ist in diesen Zeiten besonders wichtig, in denen die Schicksale von Geflüchteten und Fragen zur Migration uns stark beschäftigen. Ich bin der festen Überzeugung, dass gut illustrierte Kinderbücher bei der Integration von Kindern unersetzlich sind."

Auf Buchmessen werde die Zukunft imaginiert und gestaltet, meinte Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, in Anspielung auf das Messemotto „Fuel the imagination“. „Das gilt ganz besonders in Bologna, wo sich die internationalen Büchermenschen für das kreative Potenzial der nächsten Generation und damit für die Gesellschaften der Zukunft engagieren.“ Just dieses Kreativpotenzial auszuloten könnte Markus Dohle, CEO von Penguin Random House, im Sinn gehabt haben, vermuteten viele Verleger, als sie einen gutgelaunten Dohle als Überraschungsgast in Bologna sahen. Der Bürgermeister von Bologna brachte die Gastland-Eröffnung temperamentvoll mit einem Kernsatz zu Ende: „Es lebe die Phantasie!“

In dem Messehallen selbst herrschte am ersten Messetag geschäftiger Trubel, Business as usual, so empfanden es die meisten Verleger. 55 deutsche, sechs österreichische und 15 Schweizer Verlage sind in Bologna vertreten, am deutschen Gemeinschaftsstand von Frankfurter Buchmesse und avj (Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen) sind rund 70 Mitarbeiter von 34 Verlagen zugegen – wenn sie nicht gerade zu Lizenzgesprächen an anderen Ständen sind. „Der Gastlandauftritt sorgt für deutlich mehr Zustrom, ständig kommen interessierte Verleger, Agenten, Illustratoren und fragen nach bestimmten Programmen oder möchten Tipps für Veranstaltungen“, sagt avj-Geschäftsführerin Margit Müller. Auch die Mappenschauen seien erkennbar noch stärker als sonst frequentiert – in der Tat sah man lange Schlangen, vor dem NordSüd-Verlag etwa standen am Nachmittag mehr als 30 Nachwuchstalente geduldig in der Schlange, um die Proben in ihren Mappen von Verlagsmitarbeitern begutachten zu lassen – Tipps zur künstlerischen Weiterentwicklung inklusive.

Die gab es auch von der Bremer Illustratorin Anke Bär, die nicht nur mit Originalen  in der Illustratorenschau vertreten ist, sondern auch am Stand der Illustratoren-Organisation IO vertreten ist. „Die Studenten der Kunsthochschulen sind ja oft noch unsicher, haben noch nicht ihren persönlichen Stil gefunden und brauchen ja auch Feedback, damit sie sich weiterentwickeln können“, meint Bär, die weitaus mehr Beratungen verzeichnet als in den Vorjahren. Viele von ihnen trauten sich erstmal noch nicht, mit ihren Mappen zu den Verlagsständen zu gehen, das folge dann aber meist in einem zweiten Schritt.

Nicht nur in den Messehallen selbst, auch in der Innenstadt ist der Gastlandauftritt sichtbar: Es gibt Lesungen (am Vormittag las Andreas Steinhöfel vor Schülern), die Retrospektive der „Tollen Hefte“, Workshops mit den Illustratoren der Ateliergemeinschaft Labor und vieles mehr.