Dialoge aus den Messehallen

"Dann brätst Du das Gemüse kurz an und – ich schlag jetzt die Seite mal um ..."

16. Juli 2015
von Börsenblatt
Prominenz zu erleben scheint die Messebesucher zu motivieren. Belauschte Dialoge aus den beiden Publikumstagen in den Hallen - über Nobelpreisträger, Donald-Duck-Zeichner, Paddington, Kochrezeptevermittler und unterschätzte Fähigkeiten des Partners.

Zwei junge Frauen an der großen Droemer-Wand:
„Die hat den Friedensnobelpreis bekommen.“
„Wer?“
„Die Malala hier.“
Die eine deutet auf das einzige noch verbliebene Buch, die anderen Exemplare sind schon entwendet: „Kann man das mitnehmen?“
„Sicher nicht - wenn das jeder machen würde, gäb’s ja noch nicht mal mehr eines zum Angucken.“
„Aber die anderen sind doch auch weg. Und warum steht das eine noch da?“
„Das ist das Anstandsstück.“

Ehepaar vor dem FAZ-Stand:
„Jetzt bleib’ doch nicht dauernd stehen!“
„Ja aber hör mal, hier spricht gerade jemand.“
„Hier sprechen dauernd irgendwelchen Leute. Kennst Du die Frau am Mikrofon?“
„Nein, aber sie erzählt“ – Der Mann wird unterbrochen:
„Wenn Du sie nicht kennst, musst Du ihr auch nicht zuhören! Das wird dann auch keine Prominente sein!“
„Deswegen kann ich ihr doch trotzdem zuhören, sie erzählt ganz spannend über ihre Fotos und...“
„Es ist aber keine Prominente – ach, dann bleib doch stehen, ich geh’ jetzt weiter! Musst mich dann halt bis zum Ende vom Gang einholen.“
Der Mann bleibt stehen und lauscht Barbara Klemm, die wirklich spannend über ihre Arbeit als Fotografin und ihr neues Buch bei Nimbus erzählt.

 

Am Egmont-Stand:
„Da ist eine lange Schlange, da signiert einer.“
„Dann stellen wir uns doch schon mal an.“
„Aber Du weißt doch gar nicht, wer das ist.“
„Na, irgendwas mit Donald Duck oder so, vielleicht der Zeichner...“
„Jetzt überleg aber mal, wie lange es Donald Duck schon gibt – der Zeichner muss doch längst tot sein.“
„Hm, hast Recht. Geh’n wir lieber weiter.“

 

Von der Verbindungsbrücke vor Halle 3 kann man auf die Agora schauen:
„Guck mal, Paddington!“
„Wer ist Paddington?“
„Na, der Bär da.“
„Ach, den kenn ich!“

 

Der vierte Prominente findet sich am DK-Stand in Buchform; eine Frau spricht in ihr Handy: „... dann brätst Du das Gemüse kurz an und – Moment, ich schlag jetzt die Seite mal um – mhm, ich vereinfache das jetzt mal - und gibst dann an Gewürzen noch, wart mal, ...“
In der Tat gibt sie das Rezept aus dem Kochbuch telefonisch weiter. Es stammt „von dem Promi-Koch, na dieser Timmie Oliver ... aber sicher ... na, dann schau ich halt jetzt mal auf das Buch vorne drauf ... ok, dann halt Jamie Oliver, Du weißt ja immer alles besser ...“

 

Es gab übrigens auf der Messe ein Gericht in den Restaurants, dessen Namen die meisten nicht auszusprechen wagten. Eine Familie vor der ausgehängten Speisekarte:
„Da gibt’s was mit Paprika, was Spanisches ...“
„Nee, da steht doch Finnland-Spezial drüber, und am Ende da, das heißt auch nicht Paprika.“
„Haben die immer so lange Wörter?“
Einer versucht zu lesen: „Metsäsieniperunapiiraka“
„Und was ist das?“
„Warmer Waldpilzkartoffelkuchen.“
„Nee, da nehmen wir lieber was Deutsches.“

 

Im Gedränge geht der Familienzusammenhalt manches Mal verloren.
Tochter, etwa 15, empört: „Sagt mal, habt Ihr mich vergessen?!! Ich hab Euch bestimmt ne Viertelstunde lang gesucht!!!“
Mutter: „Wir sind hier auf der Buchmesse – da musst du Deine Augen offenhalten und nicht nur immer Bücher gucken!“

 

Manche stellen auch die intellektuellen Fähigkeiten des Partners in Frage.
Er: „Halle 3.1, da ist Belletristik, steht hier. Da könnten wir doch jetzt hin.“
Sie: „Warum? Was ist Belletristik?“
Er: „Das sind so anspruchsvollere Bücher.“
Sie: „Und warum willst du dahin?“

Große Enttäuschungen gab’s für Besucher, die am Nachmittag in Halle 8 nach Büchern suchten; die überwiegende Zahl der Aussteller hatte schon eingepackt.
„Hier gibt’s aber auch gar nix mehr, die Regale sind ja komplett leer geräumt.“
„Da hinten sind noch Menschen ... Die kaufen Bücher“
„Könnt ich eigentlich auch eins kaufen, so ein englisches Buch.“
„Und nachher liest du’s doch nicht, das wird doch nur ein Frustkauf.“
„Sieht aber auf dem Wohnzimmertisch gut aus, wenn wir Gäste haben.“