Die Arbeit zwischen Autor und Lektor 3/6

"Sie ist unverzichtbar für das Werden meiner Bücher"

16. Januar 2018
von Börsenblatt
Wenn die Chemie stimmt, kommt es zwischen Lektoren und Autoren zu Aha-Erlebnissen, Glücksgefühlen und Indiskretionen. Heute berichten  Klöpfer & Meyer-Lektorin Petra Wägenbaur und Autor Joachim Zelter über die Arbeit an dessem Roman "Im Feld - Roman einer Obsession".

Petra Wägenbaur: "'Unsere Geschichte' – das ist eigentlich schon die eines alten Ehepaares. Auf meinem PC lassen sich unsere Mails nur noch bis 2008 zurückverfolgen, aber da ich schon viel länger für Klöpfer & Meyer arbeiten kann, ist es ganz sicher, dass ich von Anbeginn dabei war, als Joachim Zelter Hubert Klöpfer zum ersten Mal ein Manuskript anbot. Und mittlerweile sind das 10 und mehr Romane, die veröffentlicht wurden. Joachim Zelter liefert nahezu perfekte Manuskripte, schon vielfach gegengelesen, sogar schon im Layout-Format ab, und gibt es tatsächlich mal inhaltliche Verständnisfragen, so klären wir die sehr schnell und unkompliziert. Auch beim Lesen der Korrekturfahnen - der Text sieht dann eben doch schon wieder anders aus als in der Manuskriptdatei – geht es dann noch einmal über ein paar Kleinigkeiten hin und her. Seine dankbaren Worte über meine 'Arbeit', machen mich dann regelmäßig nahezu beschämt, denn zum einen ist das ja meine Aufgabe, zum anderen ist sie in seinem Fall einfach pures Vergnügen."

Joachim Zelter: "In der ursprünglichen, nicht-lektorierten Fassung meines neuen Romans 'Im Feld' taucht wiederholt der Satz auf: 'In dieser Art'. Der Satz erscheint meist dann, wenn der Erzähler einen Vorgang noch einmal mit zusätzlichen Vorstellungsbildern oder Metaphern variieren oder verdeutlichen möchte: 'Ein Schiff, das davonfährt. Oder ein Schiffbrüchiger, der einem davonfahrenden Schiff noch etwas nachruft. In dieser Art.' Die Worte Schiff und Schiffbrüchiger werden hier als Metaphern verwendet, denn in meinem Roman geht es nicht um Seefahrt, sondern um den Radsport. Daher also der der Zu-Satz: 'In dieser Art.' Es soll damit ein irrealer Vergleich oder eine metaphorischen Umschreibung kenntlich zu machen.
Doch strenggenommen ist dieser Zu-Satz ('In dieser Art') gar nicht nötig. Er läuft der Logik einer Metapher sogar entgegen, die ja gerade davon lebt, für sich zu stehen und nicht durch explizite Vergleiche kenntlich gemacht zu werden. Eine Metapher ist eine Übertragung, und kein Vergleich. Der Satz ('In dieser Art') ist deshalb also nicht nötig. Trotzdem wiederholte er sich in meinem Roman duzendfach. Mir selbst ist der Satz einfach nur unterlaufen. Er ist mir auch nicht aufgefallen. Ich habe ihn immer wieder überlesen.
Meine Lektorin streicht derartige Sätze an. Es geht dabei nicht nur um eine unschöne Wiederholung oder um eine stilistische Ungeschicklichkeit, sondern um ein strukturelles Problem (dem Nichtvertrauen auf die eigene Metaphorik), auf das mich meine Lektorin zum Glück aufmerksam gemacht hat. Dies ist nur ein kleines Beispiel, das verdeutlicht, wie akribisch, wie durchdacht und unverzichtbar meine Lektorin für das Werden meiner Bücher ist."