Die grüne Welle

Umweltbewusster Buchhandel

1. Juli 2015
von Börsenblatt
Für die meisten Kunden sind Nachhaltigkeit und Naturschutz bis heute kein Thema – doch die Zahl derer, die auch beim Einkauf darauf achtet, wächst: Einige Beispiele, wie Buchhandlungen und Verlage sich im Wettbewerb um die Zielgruppe in Position bringen.

Bewusstes Wirtschaften

Leuchtendes Grün im Schaufenster, an Wänden und Regalen, im Kundenmagazin und auf Plakaten: Kunden der Buchbox in Berlin erkennen sofort, dass Umweltschutz hier nicht nur beiläufig eine Rolle spielt – dabei war das anfangs gar nicht so gedacht. Bei der Gründung der Buchhandlung 2005 und der Entscheidung für die Unternehmensfarbe Grün standen noch andere Aspekte im Vordergrund. »Dass sich unser Fokus schließlich auf den Umweltschutz verlagerte, war ein Prozess von mehreren Jahren«, sagt Mit­inhaber David Mesche. »Als wir unsere Kunden besser kennen­gelernt hatten, hat sich das fast zwangsläufig so ergeben.« 

Die Buchbox gibt es viermal in Berlin, alle Filialen liegen im Stadtteil Prenzlauer Berg – dort also, wo die Biokäufer-Dichte besonders hoch und Nachhaltigkeit für alle Läden ein zentraler Wirtschaftsfaktor ist. Hier wirkt das Grün der Buchbox wie ein Statement, und das ist es ja längst auch:  

  • Plastiktüten gab es in den Läden noch nie, zuerst eher aus ästhetischen und haptischen Gründen, später auch aus Gründen des Umweltschutzes. Mesche setzt stattdessen auf Papiertüten, obwohl sie gut das Dreifache kosten. 
  • Beim Strom macht die Buchbox seit 2011 keine Kompromisse mehr, seit der Nuklearkatastrophe von Fukushima. »Wir haben sofort auf Ökostrom umgestellt, weil wir gar nicht anders konnten«, erinnert sich Mesche – ohne damit offensiv zu werben. Denn Kosten hin oder her: »Für uns alle war und ist das selbstverständlich.«
  • Kurz vorher hatte das Unternehmen bereits seinen Werbemittel-Etat erhöht; für sämtliche Flyer, Visitenkarten, Plakate und das Kundenmagazin »BoxPost« wird seitdem ausschließlich Recyclingpapier verwendet.   
  • Gegenüber Verlagen und Non-Book-Lieferanten setzt sich die Buchbox zudem dafür ein, auf Plastikverpackungen zu verzichten. Kunden würden, langfristig betrachtet, die Produkte ohnehin lieber ungeschweißt und pur kaufen. »Das ist reine Erziehungssache.« 
  • Die Logistik im Hintergrund hat Mesche ebenfalls im Blick. Er verzichtet weitgehend auf Kleinsendungen, nutzt auch bei Verlagsbestellungen ausgiebig die Mehrwegwannen-Angebote von Umbreit und Libri. 
  • Der Faktor Nachhaltigkeit bestimmt auch die Aktionen der Buchhandlung, vor allem bei den vielen Spendenprojekten (u. a. Buchbox-Kinderkoffer).

Mesche und sein Team pflegen ihr grünes Bewusstsein, lassen sich dabei jedoch nicht von Imagegründen und Marketingüberlegungen leiten, sondern handeln aus persönlicher Überzeugung – die dem Unternehmen allerdings klare Vorteile bringt: »Ich glaube fest, dass das Engagement für die Umwelt zu unserem Erfolg beiträgt«, meint Mesche. Die zusätzlichen Kosten dafür beziffert er auf bis zu 70 000 Euro jährlich.

Verantwortung zeigen
Für Havelbuch gehört Ökostrom mittlerweile zum Standard – »da schaue ich auch nicht auf die Kosten«, sagt Geschäftsführer Matthias Voigt. Nur bei den zwei zuletzt übernommenen Buchhandlungen habe er bislang noch nicht den Anbieter gewechselt. »Die Verträge laufen erst einmal weiter.«   

Havelbuch ist entlang der Havel an sieben Standorten aktiv, außerdem in Neuruppin. Sich lokal zu engagieren und dabei auch Umweltaspekte nicht außer Acht zu lassen, hält ­Voigt für selbstverständlich. Er will seiner Verantwortung als Unternehmer gerecht werden, zumindest leise: Im Marketing spart er das Thema Umweltschutz bislang weitgehend aus. 

Dabei nutzt er nicht nur Ökostrom, sondern prüft zum Beispiel vor jedem Kauf eines Geräts immer, wie umweltfreundlich es zu beurteilen ist – und verschenkt weniger Plas­tiktüten. »Wenn es ums Einschweißen von Büchern geht, machen unsere Kunden aber nach wie vor ungern Kompromisse.«   

Fair handeln

In Ostfildern wird Fair Trade großgeschrieben: Die Wirtschaftsförderung der baden-württembergischen Kleinstadt, Kirchengemeinden, Einzelhändler und Gastronomen haben sich hier zusammengeschlossen, um Fairen Handel gemeinsam zu bewerben und nach vorne zu bringen. Ihr Ziel ist es, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der meist benachteiligten Produzentenfamilien in Afrika, Asien und Lateinamerika zu verbessern. 

Auch im Buchladen im Park finden sich Kaffee, Tee, Kakao, Schokolade und andere Leckereien mit Fair-Trade-­Siegel. »Im Rahmen einer Aktionswoche wurde ich vor fünf Jahren angesprochen, ob ich die Produkte anbieten möchte«, erzählt Inhaber Daniel Auwärter, der »aus politischer Überzeugung« mitzog. Anfangs führte er die Waren aktionsweise, seit seinem Umzug in neue Räume vor anderthalb Jahren hat er sie fest im Programm. In einem roten Regal heben sie sich als einzige Non-Books besonders vom übrigen Sortiment ab. Angegliedert sind sie dem Kochbuch – »die Kombination funktioniert gut«, zieht Auwärter Bilanz. 

Überwiegend sind es Buchkäufer, die ein Glas Schoko-Brotaufstrich, ein Tütchen Studentenfutter oder ein Paket Kaffee (das am meisten verkaufte Produkt) mitnehmen. »Unsere Stammkunden nutzen das Angebot gut, sie erwarten die Sachen hier inzwischen. Wenn ich es jetzt abschaffen würde, hätte ich ein Problem«, sagt der Buchhändler. Während die Gewinnspanne mit zehn bis zwölf Prozent eher klein sei, spreche das einfache Handling für das Zusatz­geschäft, so Auwärter. Ein- bis zweimal im Monat kommen Ehrenamtliche von der Fair-Trade-Initiative vorbei, um den Bestand aufzufüllen. Bei zusätzlichem Bedarf oder individuellen Wünschen kann der Sortimenter jederzeit ordern. Weiterer Pluspunkt: Die Buchhandlung ist als Partner in einem Fair-Trade-Flyer aufgeführt, der in der Stadt an vielen Orten ausliegt. Auwärter: »Das ist gute Werbung.«