Die Sonntagsfrage

Wie machen Sie Ihre eigenen 'Bestseller', Herr Dombrowsky?

7. Oktober 2012
von Börsenblatt
"Dann kann sich eine regelrechte Verkaufslawine entwickeln": Der Regensburger Buchhändler Ulrich Dombrowsky erzählt, wie man neben all den Rowlings oder Folletts Kunden auch erfolgreich für seine 'eigenen' Lieblingsbücher gewinnen kann.

"Wir suchen Bücher aus, keine Bestseller. Wir machen Bücher zu Bestsellern, weil wir sie gelesen und im besten Fall sehr gemocht haben. Auch bei uns fragen natürlich neue Kunden nach der Bestsellerwand. Wir fragen sie dann, was sie suchen. Und dann folgt manchmal ein Gespräch, in dem wir versuchen, der Orientierungslosigkeit der Kunden ein Ziel zu geben, indem wir nach ihrem Geschmack, nach ihren Vorlieben, nach ihrem zuletzt gern gelesenen Buch fragen. Und oft können wir weiterhelfen. Weil aber die Auswahl immer eine subjektive sein muss, bitten wir auch um gnadenlose Rückmeldung, wenn ein Buch nicht gefallen hat. Natürlich machen wir Bücher zu internen Bestsellern. Sie können auch regionalen Bezug haben; wenn wir aber von einem Buch wirklich überzeugt sind, ist die Herkunft des Buches oder des Autors nachrangig.

Wenn ich von einem Buch wirklich überzeugt bin, verlässt eigentlich kein Kunde den Laden ohne einen entsprechenden Hinweis auf dieses Buch. Da es sich manchmal um völlig unbekannte Autoren aus ebensolchen Verlagen handelt, würden Kunden von allein ja gar nicht über diese Bücher stolpern. Also geht es um ein fast schon vertrauliches Gespräch ("...hier liest der Chef noch selbst...") und eine Gesprächsatmosphäre, die etwas sehr persönliches hat, so als würde ein Küchenchef dem Gast eine kleine Kostprobe zukommen lassen. Der Kunde fühlt sich geschmeichelt und wenn er sich dann auch noch von dem Buch die Freude verspricht, die das Beratungsgespräch verheißt, ist es schon gekauft.

Wenn wir von einem Buch überzeugt sind, gestalten wir schon mal ein Fenster, in dem nur dieses Buch dekoriert ist – natürlich mit entsprechendem Blickfang (und unsere Schaufenster sind nicht eben klein!). Und natürlich: Der schönste (und beste) Platz ist immer an der Theke – aber das ist natürlich eine Binsenweisheit. Hier kann man die außergewöhnlichsten Bücher verkaufen, wenn die Kunden einmal Vertrauen geschöpft haben.

Und das Sahnehäubchen? Seit 1989 haben wir annähernd 500 Veranstaltungen rund ums Buch organisiert: Lesungen, Verlagsabende, Diskussionen rund ums Buch, Schauspieler lesen Klassiker, Lange Büchernacht, Konzerte und natürlich "Kunden empfehlen Bücher". Mit dem Produkt "Buch" haben wir die einmalige Situation, Kunden direkt mit den Produzenten ins Gespräch zu bringen. Eine Buchhandlung ist ein traumhafter Ort für Kommunikation jeder Art. Und das sollten wir nutzen.
 
Ein Beispiel

Unser jüngster Erfolg ist das Buch "Glückskind" von Steven Uhly. Ich hatte den Autorennamen schon verschiedentlich wahrgenommen, aber nichts von ihm gelesen. Bis mich der Secession-Verlag mit einer außergewöhnlichen "Leseexemplar-Aktion" auf den neuen Titel heiß machte. Ich war von der Lektüre begeistert und bestellte beim Erstauftrag gleich drei Partien, was sonst so gut wie nie passiert. Obwohl zur Zeit des Erscheinens in Bayern noch Urlaub war, konnte ich alle Exemplare innerhalb von zehn Tagen verkaufen. Inzwischen (sechs Wochen nach Erscheinen) haben wir 120 Exemplare verkauft. Obendrein konnte ich die Büchergilde Gutenberg davon überzeugen, den Titel in eines der nächsten Programme aufzunehmen.

Toll ist natürlich die Erfahrung, wenn solch ein Erfolg allmählich zum Selbstläufer wird, weil Kunden ihre Begeisterung nicht für sich behalten. Dann kann sich eine regelrechte Verkaufslawine entwickeln. Ich bin sehr gespannt, welche Dynamik in diesem Titel noch steckt, zumal wir Uhly Anfang Dezember zu einer Lesung in unserem Hause haben werden."

Ulrich Dombrowsky betreibt im 30. Jahr mit seiner Frau Daniela und seinem Team die Buchhandlung Dombrowsky in Regensburg.