Die Sonntagsfrage

Lassen sich höhere Preise durchsetzen, Herr Fels?

12. Januar 2014
von Börsenblatt
Verlage haben sich lange Zeit gegen höhere Preise gesträubt, jetzt setzt ein Umdenken ein: Bücher werden teurer – KNV meldet ein Plus von zwei Prozent. Markus Fels, Einkaufsleiter des Barsortiments, sieht trotzdem keinen Grund zur Entwarnung, meint, dass die Branche ihre Produkte nach wie vor unter Wert verkauft. Was die Stunde schlägt?

Die Fakten sind schnell erzählt: Der KNV-Langzeitvergleich zeigt beim Verkaufspreis im abgelaufenen Jahr eindeutig eine Tendenz von zwei Prozent nach oben. Seit zwanzig Jahren gab es eine solche Preiserhöhung von einem Jahr zum anderen nicht mehr. Die Entwicklung beim Hardcover und beim Taschenbuch verläuft prozentual in parallelen Bahnen – ein Durchschnittspreis in 2013 von 14,85 Euro ist und bleibt trotzdem kein Grund zum Jubel.

Die Angst, Marktanteile zu verlieren

„Bücher haben ihren Preis“, dieser kluge und vieldeutige Satz hat seine Berechtigung, wenngleich er offensichtlich nicht oft genug bei der Preisfestsetzung in Verlagen intensiv diskutiert und beherzt umgesetzt wird. Es sind die nur allzu bekannten Argumente, durch höhere Preise den wirtschaftlichen Erfolg nicht gefährden zu wollen. Es ist die Sorge, dass bei dem vorliegenden Umfang, der gewählten Ausstattung und dem angestrebten Zielpublikum ein höherer Preis gegenüber Vergleichsprodukten nicht durchsetzbar sei. Es ist die Angst, Marktanteile zu verlieren. Aber welche Einstellung und Überzeugung lässt sich daraus ablesen?

Aggressive Preispolitik, wirtschaftliche Abstürze

In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Beispiele, die gezeigt haben, dass dauerhaft niedrige Preise, um Marktanteile in enger werden Märkten zu gewinnen, kein Erfolgsrezept waren und sind. Die banale Weisheit „Niedrige Preise führen zu stärkerem Konsum“ hat manche Verlage zu einer aggressiven Preispolitik verführt. Langfristig jedoch haben sich solche Schnellschüsse als Resultat kurzfristigen Denkens erwiesen, und die wirtschaftlichen Abstürze durch solche Unternehmenspolitik sind vielfach unausweichlich. Mehr Mut und Überzeugung ist bei diesem Thema dringend notwendig, selbst dann, wenn das Überschreiten traditioneller Preisschwellen kurzfristig zu einem verstärkten Preiswiderstand der Nachfrager führt.

Bei vielen anderen Dienstleistungen und Produkten sind jährliche Preissteigerungen Standard und werden von den Konsumenten akzeptiert. Ich bin überzeugt, dass in unserer Gesellschaft auch ein Bewusstsein für die Wertigkeit von Informationen und Inhalten vorhanden ist.

Qualität vs. Quantität   

Wer an die Qualität seiner Produkte glaubt, für den gibt es keinen Grund, den Preisvergleich zu scheuen. Es schadet nicht, wenn aus kalkulatorischen Gründen austauschbare Bücher auch einmal nicht verlegt werden. Immerhin hat KNV im vergangenen Jahr 115.000 neue Titel inklusive Neuauflagen eingelistet – es mangelt also nicht an der Quantität. Wer Marktführer in bestimmten Warengruppen ist, sollte für die Kollegen in den Partnerverlagen im Pricing vorangehen.

Was Bücher wert sind

Wenn über viele Jahre die prozentuale Preisentwicklung eindeutig unter der Entwicklung der Tariferhöhung und dem jährlichen Inflationswert gelegen hat, ist der Verlag gezwungen, durch eigene Produktivitätsfortschritte die deutlich schneller wachsenden Sach- und Personalkosten aufzufangen. Dies geht über einige Jahre gut, aber manche Verlage stoßen heute schon an ihre Grenzen und auch für die Gesamtbranche ist dies kein gutes Zeichen. Wer als Branche eine Marketing-Kampagne für das Buch organisiert, sollte ein aktives Preismarketing unterstützen und die Preiswürdigkeit der Produkte herausstellen. Appelle zu höheren Preisen von einzelnen Marktteilnehmern hat es immer wieder gegeben, aber …

„Bücher in gedruckter oder digitaler Form haben ihren Wert“, dieser Satz gilt weiterhin, er muss jedoch überzeugender gelebt werden. Nur der angemessene Verkaufspreis sichert Qualitätsarbeit in Verlagen und eine angemessene Honorierung von Autoren und Übersetzern – und lässt einen ausreichenden Spielraum für den Handel zu.