Die Sonntagsfrage

Lassen sich Innovationen auslagern?

10. Juli 2015
von Börsenblatt
NWB richtet 30 Kilometer von der Zentrale entfernt gerade ein Ideenlabor ein – mit dem Namen Spirit47. In Dortmund wurde eine Loftfläche angemietet, das Team soll dort an der langen Leine laufen, autonom agieren können, sich frei fühlen. Warum der Fachverlag aus Herne auf direkte räumliche Nähe verzichtet und Innovationen jetzt woanders entwickeln lässt: Antworten von Felix Friedlaender, in der Geschäftsleitung für Markt und Programm zuständig.

Wir lagern Innovationen nicht aus. Spirit47 ist kein Startup, sondern soll als eine Art Inkubator für Neues fungieren. Die Abteilung, angesiedelt in Dortmund, bekommt viel Freiheit und die notwendige Autonomie, hält jedoch immer auch Kontakt zum Stammhaus in Herne.

Alle Produkte, die wir heute anbieten, haben im Grunde immer auch eine Datenbank-Komponente oder digitale Erweiterung. Dafür braucht man ein extrem hohes Know-how, aber auch einen extremen hohen Qualitätsanspruch. Wir können hier nicht mal eben etwas zurechtbasteln: Bis wir ein Produkt oder ein ergänzendes Modul tatsächlich freischalten, müssen wir hundert prozentig sicher sein, dass es funktioniert. Ohne diese Sorgfalt geht es nicht – andererseits bremst sie uns aber auch, macht uns langsamer bei der Umsetzung von Ideen. Da wollen wir gegensteuern: Das Team von Spirit47 soll zunächst ohne diese innere Hürde arbeiten können – auf den ersten Metern bei der Entwicklung eines neuen Produkts frei sein von den hohen Qualitätsstandards des Hauses.

Forschung und Entwicklung ist NWB schon lange wichtig. Es gibt seit zwei Jahren eine kleine Abteilung dafür, die abseits der klassischen Strukturen werkeln konnte – in Dortmund möchten wir das Ganze perfektionieren. Wir wollen Ideen weiterentwickeln, die es intern schon länger gibt, wir wollen aber auch neue einsammeln – eine Heimat für Ideen anderer sein.

Was den Ideentransfer nach Herne angeht: Je dichter eine Idee an unserem Kerngeschäft und unseren Kernzielgruppen dran ist, umso eher sollte sie auch in Herne, in den klassischen Verlagsstrukturen, umgesetzt werden. Trifft das nicht zu, bleibt das Team von Spirit47 aus Dortmund dran. Als erstes wird es darum gehen, den N-Kompass, ein Online-Tool für nachhaltige Unternehmensführung, weiterzuentwickeln.

Die Geschäftsleitung agiert in diesem Prozess im Prinzip wie ein Risikokapitalgeber. Das heißt, wir priorisieren Ideen mit Spirit47 zusammen, entscheiden darüber auch gemeinsam - und finanzieren dann die Umsetzung Schritt für Schritt. Wie viel wir hier am Ende investieren werden, lässt sich dabei noch gar nicht sagen:  Insgesamt statten wir aktuell zehn bis zwölf Arbeitsplätze aus, ohne genau zu wissen, wie viele Kosten jeweils projektbezogen noch auf uns zukommen. Wir tasten uns jetzt langsam ran, geben uns und dem gesamten Team, auch dem in Herne, Zeit für das Experiment. Maßgeblich ist für uns dabei der Gedanke, der bei Innovationen immer eine Rolle spielt: Dass es nicht auf alle Fragen eine schnelle Antwort geben kann. 

Seit 1. Juli sind sechs Mitarbeiter in Dortmund dabei, Spirit47 aufzubauen – und das meine ich wortwörtlich. Das Team organisiert sich weitgehend selbst, schraubt im Moment Büromöbel zusammen, die sie selbst ausgesucht und eingekauft haben.  Das Schöne ist: Alle sechs Mitarbeiter kennen NWB bereits. Sie sind von Herne nach Dortmund gewechselt – und stehen dafür, dass das Band zum Stammhaus nicht abreißt.

Diese Kernmannschaft wird künftig bei jeder neuen Idee und jedem neuen Projekt ergänzt – sowohl um Mitarbeiter aus Herne, die für drei oder sechs Monate nach Dortmund gehen können und dann wieder zurückkommen, als auch um neue Mitarbeiter. Zusätzlich möchten wir gern mit Externen zusammenarbeiten, je nachdem, welche Professionen bei einem Projekt gebraucht werden. Platz haben wir genug: Das Büro in Dortmund, untergebracht in einem Bürogebäude in der Innenstadt, ist offen angelegt und hat viel Platz für Menschen und ihre Ideen.

Archiv: Dortmunder Ideenschmiede