Die Sonntagsfrage

"Was macht Lernando für den Buchhandel zum Ärgernis, Herr Sigismund?"

12. August 2016
von Börsenblatt
Die Westermann Gruppe hat am Dienstag ihr neues Bildungsmedienportal Lernando freigeschaltet – der stationäre Buchhandel ist wenig begeistert. 50.000 Produkte aller wichtigen Bildungsmedienverlage können über das Portal gefunden und gekauft werden; weitere Ausbaustufen sind geplant. Uwe Sigismund (Bendorfer Buchladen), Sprecher der IGUS IG Unabhängiges Sortiment nimmt Stellung.

"Kommst du mit weinen" hieß es im Buchhandelstreff auf Facebook, als die Meldung von Lernando draußen war. Tatsächlich ist Lernando eine Katastrophe, weil mit der Plattform das Schulbuchgeschäft am Buchhandel vorbei abgewickelt werden soll. Der Handel wird von Westermann übergangen. Wir Sortimenter können uns auch nicht einfach für ein anderes Schulbuch entscheiden und den Verlag boykottieren. Ein Händler-Portal zur Verwaltung der Vormerker gibt es beim  VSB-Verlagsservice Braunschweig der Westermann-Gruppe nicht – stattdessen gibt es jetzt ein Endkundenportal.  

Falsche Liefertermine und –orte, schlechte Konditionen - das Schulbuchgeschäft ist mühsam, aber am Ende durch die Masse auch lukrativ.  Bei uns im Bendorfer Buchladen macht das Schulbuchgeschäft – abhängig von den öffentlichen Aufträgen - 20 bis 40 Prozent vom Jahresumsatz aus. Außerdem bringen Schulbücher und Lernhilfen neue Kunden in den Laden.

Auch die Klett Gruppe bietet mit der Versandbuchhandlung Julius Weise’s Hofbuchhandlung seit mehr als 30 Jahren einen verlagsübergreifenden Schulbuch-Rundum-Service an. Das macht Lernando aber nicht besser. Die Dreigliedrigkeit des Buchhandels wird immer weiter unterlaufen. Dank der Verlage wird ein immer kleiner werdender Kuchen für uns Buchhändler noch kleiner. Je nachdem wie intensiv Westermann seinen Service jetzt bewirbt, werden wir das in der Kasse spüren. Die Kontakte zu den Schulen hat der Verlag ja. Ganz so einfach dürfte es für Westermann aber nicht werden. Das Schulbuchgeschäft ist nämlich knifflig. Da werden in den Schulbuchlisten immer wieder Nummern vertauscht, es gibt Zahlendreher, Fehler jeder Art. Außerdem ist den Schulen ein Ansprechpartner vor Ort wichtig, der mitdenkt und im Zweifelsfall schnell reagieren kann. Das ist das Pfund, mit dem wir Buchhändler wuchern können!