Digitalverlage

Zwischen Hype und Hoffnung

13. März 2015
von Börsenblatt
Die Erwartungen sind kleiner geworden. Die rasante Wachstumskurve des E-Books ist abgeflacht. Die Szene jagt nicht mehr so sehr mit irrem Tempo und enormer Intensität schönen Träumereien hinterher, sondern ist mit den Mühen der Ebene, des täglichen Geschäfts mithin und damit einer ganzen Reihe von Alltagsfragen beschäftigt. Vielleicht ist das gar kein schlechter Zeitpunkt, um nachzufragen, wie es mit dem E-Book weitergeht. Das tat am ersten Messetag eine Veranstaltung in der bewährten Diskussionsreihe „Büchermacher“ – überschrieben mit „Wir sind elektrisch! - Die neuen E-Book-Verlage zwischen Hype und Hoffnung“.

Die Hoffnungen erfüllt und vielleicht sogar mehr als das haben sich wohl eigentlich nur für Beate Kuckertz. Ihr 2012 begründeter Verlag dotbooks, der mittlerweile elf Mitarbeiter beschäftigt, ist einer der wenigen, vielleicht der einzige reine E-Book-Verlag, der Gewinne erwirtschaftet. Kuckerts, die erst bei Heyne, dann bei Droemer Knaur angestellt war, macht das, was sie am besten kann, sie verlegt Unterhaltungsliteratur: „Das funktioniert hervorragend“, verriet sie gutgelaunt. Die pragmatische Unternehmerin ist überzeugt davon, dass Vielleser vor allem leichte, unterhaltende Stoffe konsumieren. Und genau die bietet dotbooks. Die Verlegerin kann sich also freuen über die weite Verbreitung ihrer Bücher, für die unter anderem auch ein sorgsam gepflegtes Netzt von 2.000 Bloggern sorgt. Kuckertz hat naturgemäß wenig dagegen, wenn die Dinge genau so bleiben, wie sie sind. 

Für die anderen Teilnehmer in der von der FAZ-Literaturkritikerin Felicitas von Lovenberg moderierten Gesprächsrunde gilt das eher nicht. Vor allem nicht für den Berliner Blogger Sascha Lobo: „Es darf nicht so bleiben, wie es ist. Unsere Vorstellung vom E-Book ist zu starr. Seit der Erfindung elektronischer Bücher 1988 gab es keine Weiterentwicklung. Wir sind in einer neandertalerhaften Sackgasse.“ So vollmundig formulierte das keiner sonst. 

Aber ähnlich empfinden mögen das auch Wolfgang Farkas beim shelff Verlag und Christiane Frohmann (Frohmann Verlag). Im Berliner Verlag der ehemalige Lektorin erscheint wohl das ambitionierteste aller E-Book-Programme, in der Wissenschaftsreihe Generator etwa werden neue kulturelle Phänomene diskutiert. Frohmann treibt die Idee an, mit ihrem Verlag „die Entwicklung in einem neuen kulturellen Raum mitzugestalten“. Sie ist überzeugt davon, dass die Literatur sich durch das neue Format verändern wird. Aber noch heiß es, geduldig sein, abwarten. Denn die große, herbeigesehnte Innovation lässt einstweilen auf sich warten.

Lobo will die Dinge mit seiner neu begründeten Plattform Sobooks gern beschleunigen. Die Bezeichnung steht für Social Books, und deutlich wird so schon durch die Namensgebung das Ziel des Unternehmens, die Lektüre nämlich zu einem sozialen, vernetzten Akt zu machen, Autoren und Leser miteinander ins Gespräch zu bringen. Wohin das Experiment führt, mochte auch Lobo nicht vorhersagen. Vielleicht gäbe es dereinst „dreidimensionale E-Boos zum Reingehen“, fantasierte er trotzdem publikumswirksam. Und schon war man wieder bei den großen Träumen. Und Beate Kuckertz lächelte still.

Holger Heimann