EIBF unterstützt Börsenvereins-Beschwerde gegen Amazon

"Ein Windelverkäufer hält die Buchindustrie als Geisel"

16. Juli 2015
von Börsenblatt
Amazon missbrauche seine Marktposition zum Schaden von Autoren, Verlagen und Buchhändlern – und füge der Gesellschaft Schaden zu, heißt es in einer Mitteilung des internationalen Buchhändlerverbands EIBF (European and International Booksellers Federation). Mit markigen Worten unterstützt der Verband die Beschwerde des Börsenvereins beim Bundeskartellamt gegen den Onlinehändler.
"In einem immer stärkeren Maße wird die internationale Buchbranche von einem Unternehmen als Geisel gehalten, das weit mehr Interesse am Verkauf von Flachbild-Fernsehern, Windeln und Lebensmitteln hat", kritisierte Oren Teicher, CEO des amerikanischen Buchhändlerverbands (American Booksellers Association) und Vorstand der EIBF. Amazon bereite sich darauf vor, "ein vielfältiges Verlags-Ökosystem zu opfern, um eine marktbeherrschende Position im Handel zu erreichen", so Teicher. Das sei weder gut für Autoren und Leser noch für die Gesellschaft.

Ein möglichst breiter Zugang zu einem großen und vielfältigen Netz an Buchhändlern und Büchern in allen Formaten vom Print-Buch zum E-Book für alle Kunden – das ist die Position, die die EIBF vehement vertrete, teilt der Verband mit. Die Verbraucher seien darum "die eigentlichen Verlierer, wenn Einzelunternehmen ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen, um unfaire Geschäftsbedingungen gegenüber Geschäftspartnern durchzusetzen", so der Verband. Einen solchen Fall sieht die EIBF bei Amazon gegeben – der Börsenverein hatte Beschwerde beim Bundeskartellamt eingereicht, weil er ein "erpresserisches Vorgehen" bei Konditionenverhandlungen des Onlinehändlers erblickt.

Fabian Paagman, CEO of Paagman Boekhandel, sagte, der niederländische Buchhändlerverband stünde voll und ganz hinter der Beschwerde der deutschen Kollegen – die ihre "Grundrechte verteidigen".

Neben der Bonnier-Gruppe sind in Deutschland auch weitere Verlage von den Konditionenforderungen Amazons betroffen – unter anderen dtv und die Ganske-Gruppe. Die Backlist der Bonnier-Verlage wird nach wie vor nur verzögert ausgeliefert, in den USA ist die schwächelnde Hachette-Gruppe betroffen: Auch hier werden Backlist-Titel nur verzögert ausgeliefert, sind Titel der Gruppe nicht vorbestellbar, oder werden Preise erhöht – vor allem mit dem Ziel, künftig die Rabatte auf E-Books kräftig umzuverteilen. Dies geschehe im "Dienste der Kunden", rechtfertigte Amazon jüngst seine Blockade, und erntet auf breiter Front Widerspruch – denn die Forderungen des Onlinehändlers gehen noch viel weiter:In Großbritannien fordert Amazon von Verlagen nach Medienberichten das Recht von Verlagen, deren Titel auf eigene Rechnung als Print on demand nachzudrucken, sofern das Buch nicht bei Amazon im Lager liege – eine faktische Enteignung von Buchrechten der Verlagshäuser, die dieser Klausel zustimmen.

 

 

"Amazons Geschäftspraktiken betreffen nicht nur diese Verlage, sie können auch eine Gefahr für alle E-Book Verkäufer und Händler sein“, so Kyra Dreher (geschäftsführende Vize-Präsidenten beim EIBF und Geschäftsführerin des Sortimenter-Ausschusses beim Börsenverein).