Erfolgreiches Zeitmanagement

Das Chaos als Kraftquelle

16. August 2017
von Börsenblatt
To-do-Listen, Terminplaner, Protokolle – nicht nötig, findet Cordula Nussbaum. Vor 15 Jahren hat sie das "Zeitmanagement für kreative Chaoten" entwickelt.

Es gibt Menschen, die sind spontan, flexibel, vielseitig interessiert und hilfsbereit (deshalb können sie auch schlecht Nein sagen) – alles Eigenschaften, die im durch­getakteten Arbeitsalltag hinderlich sind. Oder doch nicht?

Cordula Nussbaum plädiert dafür, das "Miteinander von kreativen Chaoten und Systematikern zu entkrampfen". Scheinbar unorganisierte Menschen, so ihre Botschaft, könnten genau so erfolgreich ihren Alltag gestalten wie notorische Organisationspedanten und Schreibtischaufräumer. In "Organisieren Sie noch oder leben Sie schon?" (Campus, 292 S., 19,95 Euro) gibt Nussbaum Tipps, wie kreative Chaoten – als solchen bezeichnet sie sich selbst – ihr Leben so strukturieren können, dass sie »ganz viel Zeit und Gelassenheit für das wirklich Wichtige« haben.

Vor 15 Jahren war Nussbaum mit ihren Ansichten noch eine Exotin. Doch die Arbeitswelt wandelt sich, wird immer schneller, innovativer, digitaler, agiler – und damit zunehmend "kreativ-chaotisch". Man müsse heutzutage schnell auf sich verändernde Prioritäten reagieren, schreibt Nussbaum im Vorwort zur dritten Auflage ihres Buchs: "Teamstrukturen und Führungsstile ändern sich massiv. (...) Das alte Zeitmanagement hat ausgedient!" Der Begriff "Chaot" sollte als Charakterbeschreibung nicht mehr nur negativ besetzt sein, fordert Nussbaum. Denn "Chaoten nutzen ihre Eigenheiten als Kraftquelle, um ihren Alltag entspannter zu gestalten. Mein Wunsch ist es, dass mehr Menschen die Kraftquelle 'Chaos' entdecken und ihre Stärken selbstbewusst leben."

Diese Stärken feiert sie im ersten Teil des Buchs. So ziehen Chaoten mit ihrer unbekümmerten, leutseligen Art oft die besseren Aufträge an Land. Sie sind verantwortlich für Innova­tionen statt Stillstand. Und sie strahlen mehr Lebensfreude aus.

Im zweiten Teil gibt Nussbaum Instrumente für ein erfolgreiches Zeitmanagement an die Hand, das aber dennoch den flexiblen Freiräumen folgt, die Chaoten und andere Freigeister unbedingt brauchen. Sie schlägt vor, Aufgaben zu notieren, um sie aus dem Kopf zu bekommen. Damit man aber nicht in ein Korsett gespannt wird, sollte man die Listen zwingend vom ­Kalender entkoppeln und jeden Tag eine oder zwei "Könnte-Aufgaben" erledigen. Die anderen "reisen" einfach in den nächs­ten Tag mit. Die Art und Weise, wie man seine Notizen gestaltet – ob per Software, in der Kladde, auf Post-its oder als Mindmap auf einem Plakat –, muss zu den eigenen Vorlieben passen. Sonst wird es nicht funktionieren.

Die eigenen Prioritäten versinnbildlicht Nussbaum mit einer Glasorgel, bei der die einzelnen Gläser wie Beruf und Karriere, Familie, Freunde, Hobbies oder Gesundheit unterschiedlich befüllt sind. Hier sollte man sich genau überlegen, welcher Bereich einem gerade wichtig ist und wo man nachbessern könnte. Da nur eine Gesamtmenge Wasser – in Form von 24 Stunden Zeit – zur Verfügung steht, kann man ein Glas nur anreichern, indem man ein anderes leerer macht.
Generell gilt: Nicht zu viel auf einmal wollen, sondern Ordnung in kleinen Schritten schaffen und sich von erreichten Etappenzielen und schnellen Erfolgen beflügeln lassen. "Mini-Aktionen summieren sich im Laufe der Zeit zu einem sehr deutlich sichtbaren Ergebnis." Cordula Nussbaum gibt viele kleine Tipps, die sich einfach und konkret umsetzen lassen, egal ob man digital auf der Festplatte ausmistet oder "Aufbewahrungsplätze" beschriftet.

Im dritten Teil geht es darum, die "häufigsten Erfolgstorpedos" in den Griff zu bekommen, etwa das eigene Helfersyndrom abzulegen oder die "Hetzkrankheit" zu besiegen. "Setzen Sie sich jeden Tag bewusst einige Minuten lang hin und tun Sie – nichts!", rät Cordula Nussbaum in diesem Zusammenhang. "Wir haben das Nichtstun total verlernt." Wie recht sie hat.


Mehr zum Thema: www.kreative-chaoten.com