Ergebnisse einer Befragung unter IT-Dienstleistern

Die Wunschliste von IT-Dienstleistern bei der Zusammenarbeit mit Verlagen

8. Juni 2015
von Börsenblatt
Die Narses Beratungsgesellschaft führt seit April 2015 eine Umfrage unter Führungskräften der digitalen Medienzulieferindustrie zur Zusammenarbeit mit deutschen Verlagshäusern durch. Narses-Geschäftsführer Aljoscha Walser hat die Umfrageergebnisse für boersenblatt.net zusammengefasst.

Im April 2015 hat Narses eine Befragung unter IT-Dienstleistern durchgeführt, die Verlage als Kunden haben. Konzipiert war die Umfrage als Beitrag für eine Executive Session auf dem Publishers‘ Forum in Berlin. Befragt wurden Geschäftsführer und hochrangige Führungskräfte, deren Unternehmen u.a. in den Bereichen Verlagssoftware, CRM, E-Books und Softwareentwicklung tätig sind. Die Fragestellung lautete:

"Stellen Sie sich vor, Ihnen könnten drei Wünsche erfüllt werden, durch die sich Ihre Zusammenarbeit mit der Kundengruppe 'Verlage' verbessert. Was würden Sie sich wünschen?"

In ihren Antworten beschreiben die Umfrageteilnehmer ihre Außensicht auf Verlage als Unternehmen, Kunden und Kooperationspartner. Größten Handlungsbedarf sehen die IT-Dienstleister vor allem in den Bereichen Standards, industrielle Professionalität und Management.

Standard ist, was dem Verlag gefällt
Sowohl Verlage als auch IT-Dienstleister glauben, dass Standards viele Abläufe vereinfachen können. Allerdings beobachten Dienstleister bei Verlagen eine geringe Bereitschaft, branchenweite Standards anzuwenden oder zu erarbeiten. Sie haben den Eindruck, dass Verlage sich genau das als Standard wünschen, was bei ihnen im Haus Usus ist. Dabei müssten sich viele Prozesse ändern, damit Verlage den Sprung von der Manufaktur 2.0 zur Content-Industrie 4.0 schaffen.

In ihren Antworten beschreiben die Umfrageteilnehmer ihre Außensicht auf Verlage als Unternehmen, Kunden und Kooperationspartner. Größten Handlungsbedarf sehen die IT-Dienstleister vor allem in den Bereichen Standards, industrielle Professionalität und Management.

"Verlage stellen in vielen Bereichen Massenware zu kleinen Preisen her. Dies erfordert in weiten Teilen Prozesse der industriellen Fertigung und nicht künstlerische Gestaltung. Sonderwünsche am Fließband erlaubt sich keine andere Industrie."

IT-Knowhow braucht nicht nur der Dienstleister
Im Vergleich zu Unternehmen aus anderen Branchen erleben Dienstleister Verlage oft als behäbig, wenig agil und technologisch zunehmend nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Sie vermissen auf Verlagsseite kompetente Ansprechpartner, die wissen, was IT heute kann und welche Kosten dafür angemessen sind.

"Technologie und Produkt sind heutzutage nicht mehr so linear zu trennen. Das führt dazu, dass verlagsseitig technologische Kompetenz aufgebaut werden muss. Das kann nicht nur vom Dienstleister eingefordert werden."

Dienstleister beklagen, dass sich Medienhäuser aus Unsicherheit hinter "500 Seiten schwere[n] Lastenhefte[n]" verschanzen, die mit zeitgemäßem Projektmanagement kaum kompatibel sind. Sie empfehlen stattdessen ein agileres Projektmanagement – schließlich können frühzeitige Anpassungen auch viel Geld einsparen.

Informationstechnologie als lästiger Kostenfaktor
Wie unterschiedlich die Wahrnehmungen sind, zeigt sich auch an der Frage, welche Rolle IT in einem Verlag überhaupt spielen soll. Dienstleister berichten, dass sie oft lediglich damit beauftragt werden, bestehende Prozesse auf technologisch neuerem Stand zu reproduzieren. Angesichts der digitalen Transformation halten sie es aber für unumgänglich, dass Verlage Informationstechnologie als strategischen Erfolgsfaktor begreifen. In einem Umfeld, in dem die Grenzen zwischen klassischen Verlagen und neuartigen Content-Anbietern verschwimmen, ist vor allem industrielle Professionalität gefragt. Neben dem Qualitätsprodukt muss der Qualitätsverlag in den Blick genommen werden. Das bedeutet auch, eigene Prozessabläufe und Entscheidungsstrukturen zu hinterfragen.

Vor allem spricht aus den Antworten der IT-Dienstleister große Verbundenheit mit der Verlagsbranche und ehrliche Sorge um ihre Zukunft. Stärker das Gespräch zu suchen ist also für beide Seiten wichtig.

Aufgrund der großen Resonanz wird Narses weitere Befragungen zum Verhältnis zwischen IT-Dienstleistern und Verlagen durchführen, deren Ergebnisse kontinuierlich veröffentlicht werden. Die nächste Runde beginnt in Kürze.

Die vollständigen Umfrageergebnisse können per Mail an info@narses.de angefordert werden.

boersenblatt.net hat in Anlehnung an die genannte Umfrage bei einigen Verlagen nachgefragt, wie sie bisherige die Zusammenarbeit mit ihren IT-Dienstleistern bewerten.

Dominic Hettgen, Emons Verlag:
"Für die 111-Orte-Reihe arbeiten wir seit Anfang des Jahres mit einem IT-Dienstleister zusammen. Die Produktion der Reihe erfolgt seitdem datenbank-basiert. Dies gilt für die E-Books, aber auch für die Print-Bücher, die mittels XML-Export und Indesign-Automation produziert werden. Der letzte Schliff an Satz und Layout erfolgt dann von Hand. Wir sind mit dieser Lösung zufrieden. Die Daten der Buchreihe liegen seitdem medienneutral vor, was die Konvertierung in etwaige weitere Zielformate in der Zukunft natürlich extrem vereinfacht. Allerdings ist die Umstellung der Produktion und die Übernahme der Bestandsdaten im Verlag mit einem gewissen Aufwand verbunden gewesen."

Daniela Mutschler, J.P. Bachem Verlag:
"Der J.P. Bachem Verlag arbeitet mit der Verlagssoftware SVS unserer Auslieferung Sigloch. Mit dieser Verlagssoftware sind wir sehr zufrieden, da sie nahezu fehlerfrei arbeitet. Für die interne Kalkulation nutzen wir eigene Programme, die wir selber entwickelt haben."

Tanja Schmidt, Aufbau Verlag:
"In unserem Verlag wird die Zusammenarbeit mit externen IT-Dienstleistern als wirklich gut bewertet."

Brigitte Kehl, Mairdumont:
"Die enge Einbindung externer IT-Dienstleister ist für uns integraler Bestandteil einer auf Kosteneffizienz und Flexibilität ausgerichteten IT-Strategie. Unterschiedlichste Technologien und Applikationen machen es, gerade in der Dynamik, in der sich Verlage im Moment entwickeln (müssen), notwendig, ein möglichst breites Knowhow einzubinden. Die Auslagerung von technologischen Komponenten zu spezialisierten Partnern, wie Serverbetrieb, Entwicklung und Individualisierung von Unternehmenssoftware etc., ermöglicht es uns als IT, den Fokus auf die unternehmensnahen Prozess- und Veränderungsfragen zu legen. Als Berater und Ansprechpartner für die unterschiedlichen Fachbereiche und in der Funktion des Projektmanagements bei der Realisierung von Projekten, können wir einen höheren Beitrag leisten. In vielen Themenbereichen wird dieses Szenario bereits erfolgreich angewendet. In anderen befinden wir uns noch auf dem Weg der Veränderung - von der klassischen IT hin zu einem Prozess- und Technologieberater für das Unternehmen."

Andreas Bernheim, Herder Verlag:
"Verlage und IT-Dienstleister - das ist natürlich ein weites Feld. In allen E-Bereichen ist Prozessoptimierung gefragt. Auch das Projektmanagement spielt eine wichtige Rolle, denn nicht nur beim Change Management sind Dienstleister mehr und mehr gefordert, die Veränderungsprozesse im Verlag aktiv zu begleiten, sie übernehmen teilweise die Rolle von Moderatoren und Beratern. Für Verlage müssen agile Methoden und die entsprechenden Instrumentarien bereitgestellt werden."