Film- und Medienstiftung NRW

40.000 Euro für neun Hörspielprojekte

29. März 2016
von Börsenblatt
In ihrer ersten Sitzung vergab die Film- und Medienstiftung NRW im März Produktionsförderungen in Höhe von 40.000 Euro an insgesamt neun Hörspielprojekte.

Die Projekte im Einzelnen:

Paul Plamper, Berlin „Die gerade Linie"

Die Hörspiel-Installation, die in Zusammenarbeit mit dem WDR entstehen wird, erzählt von zwei gegenläufigen Migrationsbewegungen, die gut 100 Jahre auseinander liegen. Eine junge Frau verlässt Berlin 1895 und reist mit der Hoffnung auf gesellschaftlichen Aufstieg in die deutsche Kolonie Kamerun. Ein junger Mann verlässt in heutiger Zeit Yaoundé Richtung Deutschland, weil er in seiner Heimat keine Perspektive für sich sieht. Die Installation verbindet zwei nebeneinander liegende Räume, in denen jede Geschichte in einem Loop und genau abgestimmten Timing zu hören sind. 10.000 Euro

Ulrich Bassenge, Philip Stegers, Attenhofen/Köln „Sirius FM – Expedition an den Bandtellerrand"

In Form eines Mockumentary planen die Autoren eine liebevoll witzige Hommage an eine der wichtigsten Keimzellen der Radiokunst: das Studio für elektronische Musik in Köln. Dessen berühmteste „Bewohner" waren Karlheinz Stockhausen und sein Toningenieur Volker Müller. Hier wird ein ernstes Thema witzig aufgebrochen und bietet zugleich einen interessanten geschichtlichen Ausblick. 4.000 Euro


Beate Ziegs, Berlin „Fatou Bensouda und der Internationale Strafgerichtshof"

Die Autorin begleitet Fatou Bensouda, die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshof mit Sitz in Den Haag, bei ihrer Arbeit, auch während eines Auslandeinsatzes in Guinea und in ihrem privaten Umfeld. Trotz vieler Niederlagen hält Bensouda unbeirrt an dem Menschheitstraum globaler Gerechtigkeit fest. Es soll der Frage nachgegangen werden, was sie antreibt und wie sie Niederlagen verkraftet. Ist die Idee eines „Weltgerichts" letztendlich zum Scheitern verurteilt, weil es geopolitisch mehr um Macht als um Gerechtigkeit geht? 4.000 Euro

 

Moni Radl, Berlin „und dann tanzen sie"

In einer westdeutschen Kleinstadt scheint der Spagat zwischen Traditionsverein und zeitgemäßen gesellschaftlichen Anforderungen zu gelingen. Doch der tragische Unfall eines Fahnenschwingers legt die Einsamkeit und Ängste der Protagonisten offen und zieht verhängnisvolle Überreaktionen nach sich. Die verunsicherten Bürger werden von Bussen eingesammelt und Pelzweberinnen fertigen für sie ein dickes Fell, das sie in Tiere verwandelt. In einer abgelegen Schutzhütte finden die Kostümierten dann zusammen und hören Radio. Die Hörspielproduktion entsteht in Kooperation mit der Stiftung Künstlerdorf Schöppingen. 4.000 Euro

 

Philine Velhagen, Köln „Ego-Dossier oder ein Abhörspiel mit mir selbst"

Die Autorin plant ein Abhörspiel im Selbstversuch. 1-2 Monate wird sie alle ihre Telefonate und Skype-Verabredungen abhören sowie ihre Wohnung verwanzen. Sie macht die Strategien der NSA, Google, Amazon und Co zu ihren eigenen, um daraufhin ihr Leben umzuschneiden und in eine neue Reihenfolge zu bringen. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob man seine Lebensgeschichte neu erfinden kann, ob man jemand anderes sein kann und wie viele Alternativleben in einem stecken. In dem geplanten Experiment wird nicht Auswertung der Selektoren als verwerflich dargestellt, sondern sie eignet sich diese Prinzipien souverän an, um das künstlerische Potential darin zu erkennen. 4.000 Euro

 

Pia Janssen, Köln „Mythen der Moderne"

Das Projekt möchte der Architektur der Nachkriegszeit, die die zerbombten Städte Nordrhein-Westfalens bis heute prägt, eine Stimme geben. Den Bauten wird eine Biographie zugeschrieben, die sich aus vielen verschiedenen Perspektiven zusammensetzt und in denen sich die Geschehnisse verdichten und überhöhen: ein Hörparcours in Form einer durch GPS gestützten Audio-Führung. Durch akustische Effekte, Soundesign, Musik und mehrere Sprecherstimmen sollen beim Besucher Erzählräume und Stimmungen erzeugt werden, die sich mit den realen Orten verbinden und ein emotionales wie auch informatives Erleben ermöglichen. 4.000 Euro

 

Cristin König, Berlin „gestern-morgen"

Die Autorin möchte in ihrem Stück das Thema Rache untersuchen. Sie erzählt die Geschichte einer tiefen, alten Verletzung, die sich in einer absurden gegenwärtigen Situation verbirgt und erst sehr viel später zum Ausdruck kommt. Es geht um die lang angelegte und geplante Rache einer Frau an ihrem Ex-Ehemann, von der sie sich Heilung erhofft. Es wird auch darum gehen, das tiefe Unbehagen, dass die derzeitige gesellschaftliche Stimmung auslöst, das ständige Bedroht-sein, ausgehend von einer Verletzung, Hass und Wut zu untersuchen. 4.000 Euro

 

MERZOUGA, Eva Pöpplein & Janko Hanushevsky, Köln „In darkness let me dwell – Lieder aus der Finsternis"

Die Uraufführung der Hörspielproduktion ist als Livehörspiel im Deutschlandfunk im Herbst geplant. Die Komposition basiert auf Feld-Aufnahmen aus dem antarktischen Wedellmeer, die im Rahmen eines auf viele Jahre angelegten Feldforschungsprojekts des Alfred-Wegener-Instituts entstanden sind. Die Aufnahmen präsentieren eine der letzten Klangräume der Erde, die völlig frei von anthropogenen Geräuschen sind. Damit verwoben wird ein Text, der in verdichteter Form die wichtigsten Stationen der im Wedellmeer genial gescheiterten Antarktis-Expedition von Sir Ernest Shackleton, deren unwahrscheinliche Rettung sich 2016 zum 100. Mal jährt, erzählt. 3.000 Euro

 

Liquid Penguin Ensemble, Katharina Bihler & Stefan Scheib, Saarbrücken, „FeliCittà"

Das Autorenteam forscht zum Thema Glück und bereiste dafür auf Einladung des Goethe-Instituts verschiedene Städte in Italien und entwickelt verschiedene Podcasts zu der Frage „Welchen Klang hat das Glück?". Ausgehend von diesen Recherchen soll nun ein Langhörspiel auf Deutsch entstehen. Vertiefende Recherchen möchten die Autoren nutzen, um auf die zerrissene Geologie Italiens einzugehen: für sie Metapher für die Fragilität des Glücks und für die Unwahrscheinlichkeit seines Zustandekommens. 3.000 Euro

 

Die Mitglieder des Beraterstabs waren Christiane Florin, Deutschlandfunk, Volker W. Degener, Verband Deutscher Schriftsteller in NRW, und Christina Hänsel, WDR. Die zuständige Förderreferentin für Hörspiel bei der Film- und Medienstiftung NRW ist Anke Morawe.

Der nächste Einreichtermin ist der 20. Mai 2016.