Frankfurter Buchmesse

Frankfurter Zeitloch

19. Oktober 2011
von Börsenblatt
Am vergangenen Sonntag endete die Frankfurter Buchmesse. Sie war neben allen Debatten und Diskussionen auch ein "Volksfest der Leser", meint Börsenblatt-Redakteurin Sabine Cronau.

Es passierte ganz plötzlich. Ich kam aus einem klimatisierten Konferenzraum (für gute Geschäfte braucht man einen kühlen Kopf) und kramte auf dem iTab 599 nach dem sensationellen Digitalbuchplus-Entertainmenthochdrei, das ich gerade downgecloudet hatte, da fiel ich in ein Zeitloch – und landete direkt vor dem Diogenes-Stand.

Ein junger Digital Native stand dort, der ein Buch (!) geschrieben hatte, vor ihm (es war Benedict Wells) eine lange Schlange von Teenagern und Twenty-Somethings, die ihm geduldig und mit Stehvermögen Print-Ausgaben (!) zum Signieren hinlegten. Direkt nebendran knäulten sich Besucher mit Rucksäcken voller Verlagsvorschauen (!) vor den Rolltreppen, bis Sicherheitskräfte den Menschenknoten entwirrten. Und draußen auf der Agora spazierten die Cos-Player in der Sonne auf und ab, fotografierten sich gegenseitig (digital), saßen rum (real), machten Musik (analog). Frankfurt als Volksfest der Leser – auf keiner Displaywerbung leuchten Werke und Autoren schöner als vor diesem Hintergrund.

Gleichzeitig sagte Friedenspreis-Laudator Peter von Matt in der Paulskirche vier wunderbare Sätze, die für P- und E-Bücher gleichermaßen gelten dürften: "Literatur ist eine langsame Gewalt." "Bücher sind autonome Wesen." Und: "Viele Werke schlummern jahrelang in einem Winkel, dann fahren sie durch Kopf und Herz eines Jahrhunderts. Andere rauschen auf und verzischen wieder in einer gleißenden Sekunde." Vielleicht war ich doch nicht im Zeitloch. Sondern einfach auf der Frankfurter Buchmesse 2011. Was für ein Glücksfall.

Im Börsenblatt Heft 42, das am kommenden Donnerstag erscheint, finden Sie weitere Beiträge zur Buchmesse sowie die Friedenspreisbeilage.